In einem langen Rechtsstreit holten sich die Städte Ulm und Neu-Ulm im Dezember 2007 ihr Freizeitbad Atlantis vom ehemaligen Pächter Wolfgang Stichler zurück. Dieser betrieb noch zwei andere Bäder und stand finanziell am Ende. Deshalb vernachlässigte er seine vertraglichen Pflichten, presste das Ulmer Bad wie eine Zitrone aus und ließ es verkommen. Bis Juli 2009 führten die Städte das Atlantis in eigener Regie. Nun wird es aus Steuermitteln in Höhe von 10 Millionen Euro eineinhalb Jahre lang saniert. Für die Zeit danach haben der Ulmer Oberbürgermeister Gönner und sein Neu-Ulmer Kollege Noerenberg einen genialen Plan: Sie wollen das Freizeitbad an einen privaten Betreiber verpachten.
Wie der Donaufisch erfuhr, ist es bereits gelungen, einen angesehenen Mann aus dem Emirat Katar als Pächter zu gewinnen.Dem Vernehmen nach handelt es sich um Massa al Mon Ey, er ist ein Schwippschwager des Ministerpräsidenten Katars Hamad Bin Dschassim al Thani und soll durch Einnahmen aus dem Oel- und Gasgeschäft ein Milliardenvermögen angehäuft haben. Der potente Pächter aus dem Emirat hat in Europa bereits größere Summen bei der Schweizer Großbank Credit Suisse und der britischen Bank Barclays investiert.
In einem Vorvertrag mit den Städten, der 1000 Seiten umfasst und nur in englischer Sprache vorliegt, soll der Geschäftsmann bereits darauf verzichtet haben, Zuschüsse zu den Betriebskosten aus öffentlichen Mitteln zu erhalten; außerdem wird Ulm und Neu-Ulm neben einer regelmäßigen Pachtzahlung eine Gewinnbeteiligung in Höhe von 7,5 Prozent garantiert. Als Gegenleistung bieten Gönner und Noerenberg (der erst nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub von Gönner über den Vorvertrag informiert werden wird)Massa al Mon Ey die Möglichkeit, Bäderfachpersonal aus Pakistan und Jordanien zu rekrutieren. Da Investoren aus arabischen Länder das deutsche Arbeitsrecht als Gängelung empfinden und sich in ihrer unternehmerischen Tätigkeit auf internationalen Märkten stark benachteiligt sehen, will sich der Ulmer OB dafür stark machen, dass Massa al Mon Ey sein Personal nach pakistanischem und jordanischem Arbeitsrecht einsetzen kann. Gönner erklärte auf Anfrage hierzu wörtlich: „Wir wollen von Menschen, die aus anderen Kontinenten zu uns kommen, nicht verlangen, dass sie sich unterwürfig unserer Kultur anpassen. Auch den Mitarbeitern des Herrn Massa al Mon Ey garantieren wir selbstverständlich das Recht auf kulturelle Identität.“
Der Milliardär und Geschäftsmann zeigte sich in einer ersten Stellungnahme glücklich über das Zustandekommen des Pachtvertrages mit Ulm und Neu-Ulm. „We are very happy. Our intention is to bring a lot of fun to the people and to make a lot of money.”
Unklar ist derzeit, was aus den 48 Mitarbeitern des Freizeitbades nach der Neuverpachtung werden soll. In den kommenden Monaten erhalten sie von der Bundesagentur für Arbeit Kurzarbeitergeld. Wie es danach weitergeht, weiß niemand. Doch auch hierüber hat sich unser umtriebiger OB bereits Gedanken gemacht:
„Das Geschäft mit dem neuen Bäderscheich Ulms konnten wir uns nicht entgehen lassen. Es ist eine glasklare Win-win-Situation. Wie Sie wissen, steht es nicht in der Macht eines Oberbürgermeisters zu bestimmen, welche und wie viele Menschen in Wirtschaftsbetrieben beschäftigt werden. Das regelt der Markt über Angebot und Nachfrage. Ich kann als Sozialdemokrat und Verantwortlicher dieser Stadt nur anbieten: Sollten die 48 Mitarbeiter arbeitslos werden, was ich sehr bedauern würde, wären sie als Ein-Euro-Jobber herzlich in Diensten der Stadt Ulm willkommen.“
4.9.09