Utopia Ulm

Wir platzen vor Stolz. Von Ivo Gönner und diesem Gemeinderat regiert zu werden, das ist ein unbeschreibliches Gefühl. In Ulm herrschen Vernunft, Weisheit und Demokratie. Vor allem Demokratie.

Selbstverständlich kommt es auch hier wie überall in der Welt zu politischen Irrtümern, aber sie werden nicht geleugnet, nicht verborgen, nicht kleingeredet. Fehlentscheidungen werden nicht unwägbaren und unbeeinflussbaren Faktoren zugeschrieben, die Schuld wird nicht anderen in die Schuhe geschoben.

Hier stehen Oberbürgermeister und Räte mutig zu ihren Fehlern, einer schonungslosen Analyse folgt eine konzentrierte Diskussion aller Handlungsoptionen. Kein Ulmer Bürger wird vom Rathaus wie ein unmündiges Kind behandelt, die Politik lässt die Bürger teilhaben, auch an der beständig geübten Selbstkritik.

Der Bürger und die Bürgerin vergelten das ihnen entgegengebrachte Vertrauen und die Achtung, mit der sie behandelt werden, durch Loyalität und den festen Glauben an die Funktionsfähigkeit der repräsentative Demokratie. Der Verein der überzeugten Nichtwähler hat sich in Ulm aufgelöst.

Was? Sie glauben das alles nicht? Dann empfehlen wir Ihnen die Lektüre der Südwest Presse Ulm dieser Tage. Dort steht es schwarz auf weiß. Ivo Gönners Lokalchef Hans-Uli Thierer hat alles für Sie aufgeschrieben:

Matthias Berz verliert seinen Job als Chef der Stadtwerke Ulm.

Ivo Gönner sagte in der letzten Gemeinderatssitzung wörtlich: „Wir haben katastrophale Fehler gemacht in der Energiepolitik. Wir wollten zum großen Stromproduzenten aufsteigen, 20 Prozent eigene Stromproduktion genügte uns nicht. Wir wollten mit EON, RWE, ENBW und Vattenfall in einer Liga spielen, wollten Geld verdienen ohne Ende. Das hat sich gerächt. Berz und der Aufsichtsrat haben die Karre an die Wand gefahren. Wir litten unter Größenwahn“

Dem schloss sich auch Finanzbürgermeister Czisch (CDU) an, der nach eigenem Bekunden als zukünftiger Oberbürgermeister Ulms alles anders machen will.

Reinhold Eichhorn nannte die Energiepolitik seiner Freien Wähler im Ulmer Gemeinderat „unerträglich, unredlich und schädlich“.

Auswege aus der Misere zeigte Dr. Thomas Kienle (CDU) auf: eine rasche Privatisierung der Stadtwerke hielt er für ebenso nützlich wie die Anwendung von Fracking und die weitere Nutzung der Kernenergie.

Martin Rivoir, SPD-Landtagsabgeordneter und zukünftiger Ulmer OB-Kandidat, versprach in der Gemeinderatssitzung, sich über Peter Langer und Günther Oettinger in Brüssel um einen EU-Rettungsschirm für die Stadtwerke Ulm zu bemühen. „Bei der herausragenden Rolle, die Ulm als Hauptstadt der Donauregion in Europa spielt, und den Verdiensten, die sich OB Gönner in der EU erworben hat, wird Brüssel uns ohne jeden Zweifel einen Rettungsschirm für die SWU in angemessener Höhe gewähren“.

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65 Millionen

… für die kranken Stadtwerke

Ein bisschen untergegangen ist dieser Tage eine äußerst wichtige Nachricht: die Stadtwerke Ulm brauchen erneut eine Finanzhilfe in Höhe von 20 Millionen Euro. Damit erhöht sich die Summe, die Ulm in fünf Jahren an ihre maroden Stadtwerke bezahlt hat, auf insgesamt 65 Millionen; das „städtische Sparbuch zum Schuldenabbau“ sei damit leer, schreibt die Lokalpresse.

Einträchtig erklären Rathaus und SWP den Bürgern stets, wenn sich das Thema nicht vermeiden lässt, dass der Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie und die Energiewende Ursache der Lage der Ulmer Stadtwerke sei.

Die andere Sichtweise, die gravierende Fehler des SWU-Chefs Berz bei Entscheidungen über große Investition sieht, wird in der Lokalzeitung – ganz im Sinne des Oberbürgermeisters – kaum thematisiert, allenfalls angedeutet.

OB Gönner selbst gibt die Parole aus: möglichst wenig über die Misere reden und schreiben.

Für sein Abwiegeln und Vertuschen findet er – wie immer – passende Worte: „Bitte alles tiefer hängen…die SWU (haben) über Jahre unseren Haushalt gestützt…Es geht um 1000 Mitarbeiter.“
Wer könnte da widersprechen? Jeder, der jetzt noch öffentlich über die Probleme der SWU spricht oder gar sagt, die Stadtwerke stünden vor dem Ruin, ist verantwortlich, wenn das städtische Unternehmen wirklich in Konkurs geht. Wer möchte schon 1000 Arbeitsplätze vernichten?

Also bleibt nur schweigen?

Nein! Machen Sie sich keine Sorgen, verehrte Leser! Sie sind nicht verantwortlich für die Fehler des SWU-Chefs Matthias Berz und des Aufsichtsratsvorsitzenden Ivo Gönner. Sie dürfen über die Katastrophe der Stadtwerke Ulm offen sprechen.

Manchmal soll rechtzeitiges Reden über Probleme ja sogar verhindern, dass diese noch größer werden.

Volksabstimmung – Ulm sagt JA

Stuttgart Hauptbahnhof

Am 27. November 2011 dürfen die Baden-Württemberger zum ersten Mal in ihrer Geschichte über eine politische Sachfrage abstimmen (sieht man einmal von der Abstimmung über die Auflösung des Landtags 1971 ab, die scheiterte, weil nur 16 Prozent der Berechtigten zur Volksabstimmung gegangen waren). Wer mehr Mitwirkung und Mitbestimmung des Bürgers in der Politik will und mit der repräsentativen Demokratie unzufrieden ist, darf sich diese Chance nicht entgehen lassen.

Es geschehen noch Zeichen und Wunder, heißt es in der Bibel, und diese Weisheit gilt offensichtlich auch für die Politik in Baden-Württemberg. Zuerst stürzt bei der Landtagswahl am 27.März 2011 die CDU-Landesregierung – nach 58 Jahren.

Und jetzt darf unter einer neuen Landesregierung der Grünen und der SPD auch noch das Volk abstimmen. Wer über Jahrzehnte interessiert die schwäbisch-badische Landespolitik verfolgt hat, reibt sich verwundert die Augen.

Abstimmen dürfen die Bürger über die Frage, ob Baden-Württemberg aus dem Vertrag über die Finanzierung vom 30.3.2009 aussteigt, in dem die Kostenverteilung für den Stuttgarter Tiefbahnhof festgelegt wurde. Wer also bei der Volksabstimmung im November mit Ja stimmt, spricht sich für einen Ausstieg Baden-Württembergs aus der Finanzierung des Bahnprojektes Stuttgart 21 aus.

Im Dezember 2009 wurde die Kostenschätzung für den Tiefbahnhof aktualisiert. Danach betragen die Gesamtkosten 4,088 Milliarden Euro.
Die Anteile der Vertragspartner sehen für die Deutsche Bahn AG 1,469 Milliarden Euro, für den Bund (einschließlich EU-Mittel) 1,229 Mrd. Euro, für das Land Baden-Württemberg 823,8 Mio. Euro, für die Landeshauptstadt Stuttgart 238,58 Mio. Euro, für den Flughafen Stuttgart 227,2 Mio. Euro und den Verband Region Stuttgart 100 Mio. Euro vor. (Quelle: Wikipedia)

Bereits vor drei Jahren(!) äußerte sich der Bundesrechnungshof zu den voraussichtlichen Kosten der Tieferlegung des Stuttgarter Bahnhofes. Am 30.10.2008 ging er in seinem Bericht an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages von Kosten deutlich über 5,3 Milliarden Euro aus.

Wer es noch genauer wissen möchte, was an der Finanzierung von Stuttgart 21 faul ist und wie die Kostenverteilung zwischen den Projektbeteiligten am Ende aussehen könnte, kann sich dazu ein Video auf YouTube anschauen:
Wer finanziert Stuttgart21?

Was wurde uns Bürger mit diesem Projekt Stuttgart 21 bloß eingebrockt?

Die Kosten sind unsolide veranschlagt (oder sogar in der Absicht zu täuschen herunter gerechnet). Ein modernisierter Kopfbahnhof wäre leistungsfähiger und billiger. Der verschwenderische Mitteleinsatz bei Stuttgart 21 hat negative Auswirkungen auf andere Bahnprojekte (z.B. auf die Rheintalbahn, die als wichtigste deutsche Frachtverbindung Nordseehäfen und Mittelmeer verbindet).
Die Argumente gegen die Tieferlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofes überwiegen.

Keiner, der frei ist von den Verstrickungen in schwer durchschaubare Interessen, wird diese Tatsache leugnen.

Kulitz und Gönner als Ratgeber der Ulmer?

Wer hat die Kompetenz, den Ulmer Bürgern bei ihrer Stimmabgabe bei der Volksabstimmung am 27.11. eine Empfehlung zu geben?

Das wissen wir vom Donaufisch nicht. Wir informieren uns aus verschiedenen Quellen und das raten wir auch den Bürgern. Aber wir empfehlen ihnen noch etwas anderes: Seien Sie misstrauisch, misstrauischer als in der Vergangenheit.
Hören Sie nicht auf Dr. Peter Kulitz von der IHK und auf Oberbürgermeister Ivo Gönner.

Beide haben in der Praxis bewiesen, dass sie nicht zum Ratgeber taugen, dass ihnen in schwierigen Situationen bei wichtigen Entscheidungen Sachverstand, Besonnenheit und Verantwortungsgefühl fehlen. Sie glauben das nicht?

Kulitz hat durch katastrophale Fehlentscheidungen bei der Besetzung von Spitzenpositionen in der Ulmer Volksbank erheblich dazu beigetragen, dass die Genossenschaftsbank 2007 in eine schwere Krise geriet. Seinen Posten als Aufsichtsratsvorsitzender gab Kulitz nicht auf, obwohl er zu jener Zeit nicht müde wurde, darüber zu schwadronieren, wie nötig Moral in Wirtschaft und Politik sei.

Gönner hat 2003 etwas getan, was kein Bürgermeister Ulms vor ihm getan hätte: Er hat das Kanalnetz der Ulmer an einen amerikanischen Spekulanten „verleast“, um an Geld zu kommen. Der Schuss ging nach hinten los. Die Ulmer verloren Millionen, sie werden weitere verlieren und das Kanalnetz ist immer noch bei der Pittsburgh National Corporation. Von Gönner hören die Ulmer kein Wort des Bedauerns. Von Gönner werden sie nach wie vor aus fadenscheinigen Gründen nicht über das Geschäft informiert. Bis zu 30 Millionen sollen die Verluste betragen, wenn Ulm aus diesem Gönnergeschäft wieder aussteigen will.

Wollen Sie Ihre Entscheidung über 5 bis 6 Milliarden Euro von den Ratschlägen solcher Leute abhängig machen, die mit der Gutgläubigkeit der Bürger rechnen? Wenn in etlichen Jahren aus Steuergeldern die Fehlbeträge zwischen Kalkulation und tatsächlichen Kosten für Stuttgart 21 bezahlt werden müssen, haben sich Gönner und Kulitz längst aus dem Staub gemacht und die Verantwortung bleibt beim Bürger hängen.

Am 27.November 2011 ist Volksabstimmung!

Gehen Sie am 27.11. zur Volksabstimmung. Wer sich über unsere gewählten Politiker empört, wer über sie klagt und mehr Demokratie möchte, muss abstimmen.

Wenn Teile unserer Eliten keinerlei Verantwortungsgefühl mehr haben und mit dem Geld und dem Vermögen des Volkes umgehen, als sei es unbegrenzt, wenn Politiker die Staatsverschuldung immer weiter erhöhen und dabei beteuern, sparsam zu sein, muss das Volk selbst die Verantwortung übernehmen, indem es Sachfragen selbst entscheidet.

Stuttgart K21

13.10.2011

Ulms Wahlkreisheilige

oder: Annette fliegt zum Papst

heilige schavan

Spiegel Online berichtet heute, dass unsere Ulmer CDU-Abgeordnete und Bundesministerin Annette Schavan am 29.März 2011 nach Rom gereist ist und dabei die Flugbereitschaft der Bundeswehr genutzt hat. Kosten 75.000 Euro (für die Ministerin und drei Begleiter)

Diesen Service darf ein Minister nur in Anspruch nehmen, wenn er nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln ans Ziel seiner Reise kommt oder „zwingende Amtsgeschäfte“ ohne Flugbereitschaft nicht erledigt werden können. Am 29.3. gingen mehrere Linienflüge von Berlin nach Rom. Schavans Verpflichtungen in Berlin endeten an diesem Tag um 15 Uhr, es blieb also Zeit genug, um mit einem regulären Flug rechtzeitig beim Empfang des deutschen Botschafters in Rom zu erscheinen.

Am 31. März reiste unsere CDU-Ministerin von Rom wieder zurück nach Deutschland. Weil sie einen Vortrag in Nordhorn halten musste (auf dem Fachforum „Bildung als Schlüssel zur Wirtschafts- und Standortentwicklung“), flog sie wieder mit der Flugbereitschaft der Bundeswehr. Kosten nochmals 75.000 Euro.

Für uns vom DF-Stammtisch gehen die Unkosten Schavans in Höhe von 150.000 Euro voll in Ordnung. Zwar ist weder der Besuch beim Botschafterempfang noch Schavans Referat ein zwingendes Amtsgeschäft. (Außerdem hätten der Herr Botschafter und der Veranstalter des Forums sicher Verständnis gehabt, wenn die Ministerin zwei Minuten verspätet erschienen wäre.)

Nein. Wir vom Stammtisch halten den Einsatz der Flugbereitschaft für Annette Schavan mit Kosten von 150.000 Euro deshalb für gerechtfertigt, weil unsre Wahlkreisheilige am 30.3.2011 an einer Generalaudienz des Heiligen Vaters und hinterher an einem kurzen persönlichen Gespräch mit Papst Benedikt teilgenommen hat.

Wenn so wichtige Termine anstehen, ist gar keine besondere Rechtfertigung für den Einsatz der Flugbereitschaft erforderlich. Jedes Zusammentreffen mit dem Heiligen Vater ist per se ein „zwingendes Amtsgeschäft“.

In seinem bekannten Gedicht „Deutschland. Ein Wintermärchen“ schrieb Heinrich Heine von einem Harfenmädchen, das er bei der Einreise nach Deutschland singen hört:

Sie sang das alte Entsagungslied,
Das Eiapopeia vom Himmel,
Womit man einlullt, wenn es greint,
Das Volk, den großen Lümmel.

Ich kenne die Weise, ich kenne den Text,
Ich kenn auch die Herren Verfasser;
Ich weiß, sie tranken heimlich Wein
Und predigten öffentlich Wasser.

Erstaunlich, wie aktuell Heines Verse doch auch heute in Deutschland im Jahr 2011 noch sind.

Frau Ministerin Schavan reiste schon immer gern luxuriös, wie das Video von und mit Mathias Richling zeigt:

 

1.10.2011

Leo und der Siddibahnhof

Als das Internetforum der Stadt Ulm eröffnet wurde, auf dem interessierte Bürger über die Gestaltung eines neuen Hauptbahnhofes diskutieren können, war Quasselstrippe, der Wirt vom DF, begeistert. Endlich nahm die Stadtverwaltung die Bürger ernst, endlich sollten sie mitreden dürfen.

War das der Beginn einer neuen Ära der Demokratie? Hatte Ivo Gönner, SPD, (bei Stuttgart 21 rigoros gegen jede Bürgerbeteiligung) sich zufällig an Willy Brandts alte Forderung „Mehr Demokratie wagen“ erinnert?

Der Wirt registrierte sich umgehend beim Forum und schrieb einen Brief an den Stammtischbruder Leo.

Große Arbeitsbelastung hatte diesen, der im DF(wegen seiner Kompromisslosigkeit) den Spitznamen Trotzki trägt, einige Zeit vom Besuch am Stammtisch abgehalten. Quasselstrippe forderte ihn schriftlich auf, es als Schwabenpflicht zu sehen, am Diskussionsforum Siddibahnhof Ulm teilzunehmen (haben wir eigentlich keine treffenden deutschen Ausdrücke mehr, die auch unser nicht Englisch sprechender Oberbürgermeister versteht?)

Die Antwort Leos war deprimierend. Aber lesen Sie selbst:

Werter Herr Wirt,

Sie finden mich völlig unvorbereitet zum Thema. Eigentlich bin ich jeglicher Bahnhofsdiskussionen im engeren und weiteren Sinne überdrüssig, weil völlig übersättigt. Aber ich möchte Ihnen trotzdem – improvisiert und aus dem Bauch heraus – antworten.

Zuerst: Was ist schon ein Bahnhof? Da kommen Züge an und fahren ab, und Menschen steigen ein und aus. Damit hat sich’s. Und wenn das Zugfahren noch so teuer, umständlich und unangenehm ist wie mit der Bundesbahn, was braucht es da noch großartige Bahnhöfe?

Und wenn ich an einer pseudopartizipatorischen Diskussion teilnehmen soll, die nicht nur nach dem panischen Versuch riecht, sondern geradezu danach stinkt, alles was auch nur im Entferntesten mit den Ereignissen um Stuttgart 21 zu tun hat, zu verhindern, indem die Menschen sich in völlig nutzlosen Internetforen zu Tode quatschen sollen, während die „Entscheidungsträger“ und „Macher“ sich insgeheim ins Fäustchen lachen, dann, ja was dann?

Dann wird mir wieder einmal klar, dass es eigentlich nur noch darum geht, einigermaßen ungeschoren davonzukommen. Unbehelligt von allen Diskussionen, in denen die Worte vorkommen:

„city“,
„urban“,
„Erlebnisräume“,
„Platzräume“
„Vernetzung“,
„Identifikationspunkt“,
„Juwel“ (!),
„Jahrhundertchance“ (!),
„Impulsgeber“,
„Brückenschlag“,
„Stadtquartier“,
„Machbarkeitsstudie“,
„städtebauliche Herausforderung“,
„Freiraumnetz“ (besonders dämlich),
„solitäre Gesamtskulptur“ (King Kong?),
„zeichenhafter Solitär“ (noch um 1 Stufe blöder),
„Freiraumkorridore“ (Einer flog über das Kuckucksnest?),
„qualitätsvolle Stadträume“ (hä?)
„Wegebeziehungen mit Dominanten“
„Kiss & Ride-Stellplätze“ (ist das ein Druckfehler?),
„Landschaftstreppe“ (Au weia),
„kraftvolle Stadtkante“,
„Campus-Platz“,
„überformte Blockstrukturen“
usw.
usf.
oh je …

Und dann melden sich da Horst Kächele und Emma Scheiffele, die sich ja auch längst einen Computer gekauft haben und in „dem Inderned“ zugange sind, welche heute natürlich die Nicknames Cityhopper57″ oder „Urban Guerilla“ tragen, und äußern sich in den Ihnen gegeben „Freiräumen“ zum Thema (was immer das auch sein mag).

Und machen Vorschläge:

Bahnhofsuhr als rotierender Würfel, solarstrombetrieben
Bus oben oder unten,
Blau renaturiert oder als Aquädukt,
Fahrradbrücke,
Bushaltestelle ca. 20 cm weiter vorne oder hinten oder womöglich gar nicht,
Inlineskaterrampe im Bahnhofsshoppingbereich,
Cityökosupermarkt,
„Kinderlounge“ (kotz!).

Und dann kommen noch die reaktionären Stinker, die endlich mal keine Punks mehr auf dem Bahnhofsvorplatz haben wollen, sondern wieder „Normale“.

Und alle halten sich für Sachverständige,
Oder Bürger,
Oder womöglich beides (noch schlimmer, weil komplett falsch).

Und reden natürlich mit (nur: mit wem?).
Als ob sie an ihrer Modelleisenbahn arbeiten würden.
Als ob jemand anders als ihresgleichen zuhören würde.

Sie sehen also, lieber Wirt, dass ich wohl nicht der Richtige bin. Ich will eigentlich eher nur mehr unbehelligt bleiben.

Von all denen.
Und all dem.
Hätte mich früher natürlich empört, eine solche Haltung.
Ist aber schon lange her.
Kann mich kaum mehr erinnern.

Herzlichst Ihr Leo

11.7.2011

Citybahnhof Ulm – ein Partizipationsmodell?

Die Ulmer Bauverwaltung möchte den Bürgern einen neuen Hauptbahnhof schenken. Pardon. Einen C i t y b a h n h o f. Aber damit nicht genug: Ein ganzes Areal – so groß wie ein Dutzend Fußballfelder – soll neu gestaltet und bebaut werden. Die gewählten Volksvertreter haben sich Gedanken gemacht Die Bauverwaltung hat sich Gedanken gemacht. Und natürlich hat sich auch der Chef der Bauverwaltung Alexander Wetzig Gedanken gemacht.

Danach fand ein Architektenwettbewerb statt, 27 Architektenbüros nahmen daran teil, neun Entwürfe wurden von einer Jury ausgewählt.

Die vorgegebene Aufgabenstellung an die Architekten war bereits so restriktiv, dass wesentliche Fragen, z.B. das Weiterbestehen einer von täglich 30.000 Autos befahrenen Straße direkt vor dem neuen Hauptbahnhof, schon beantwortet waren noch ehe die Architekten sich überhaupt an die Arbeit machten.

Dabei wäre die Verlegung dieser stark befahrenen Straße in einen unterirdischen Tunnel etwas, was allen Reisenden, Spaziergängern, Einkaufsbummlern, Radfahrern am meisten nutzen würde, da sie problemlos ebenerdig und zügig von Bussen und Bahnen zum neuen Hauptbahnhof oder zum Stadtzentrum gehen könnten.

Daneben ist es mehr als fraglich, ob eine Stadt, die so hoch verschuldet ist wie Ulm (2009 betrug die Schuldenlast 127.876.000 Euro) überhaupt in absehbarer Zeit in der Lage sein wird, ein so teures Großprojekt zu finanzieren.

Wenn die Gemeinderäte nicht nur leeres und unverantwortliches Gerede pflegen, sondern es ernst meinen mit dem Abbau der Verschuldung öffentlicher Kassen und der Verantwortung vor kommenden Generationen, ist an ein Projekt von der Größenordnung des neuen Ulmer Hauptbahnhofes nicht zu denken.

Nach Auswahl und Platzierung von neun Entwürfen hat nun der Bürger das Wort.

100 Bürger trafen sich vergangenen Donnerstag im Stadthaus und wurden dort von unserem Baubürgermeister persönlich informiert. 121.987 Bürger hatten offenbar kein Interesse oder keine Zeit, diese Veranstaltung zu besuchen.

In einem von der Stadt Ulm in Auftrag gegebenen und von einem Münchener Kommunikationsbüro organisierten und betreuten Internetforum können nun Vorschläge, Kommentare und Meinungen ins Netz gestellt werden.

40.000 Euro lässt sich das die Bauverwaltung kosten. Nützlich angelegtes Geld, um die demokratische Partizipation zu stärken, oder Alibiveranstaltung, um sich zusätzlich Legitimation zu kaufen?

Zum Ulmer Diskussionsforum: http://www.citybahnhof.ulm.de/

Der DF wird Sie weiter auf dem Laufenden halten. Schon bald werden Sie erfahren, was unser Stammtischbruder Leo in einem Brief an Quasselstrippe zu diesem städtischen Forum zu sagen hat.

10.7.2011

Spekulationsgeschäfte in Ulm

UWS – Spekulationsgeschäfte oder : Pforzheim verliert gegen die Deutsche Bank

Nun hat die Stadt Pforzheim in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt gegen die Deutsche Bank verloren. Vier Millionen Euro wollten die Stadtwerke Pforzheim von der Deutschen Bank Schadenersatz; die vier Millionen Euro Verlust waren den Pforzheimer Stadtwerken durch ein Geschäft mit Derivaten (Spread Ladder Swaps ) mit der Deutschen Bank entstanden. Das OLG wies den Anspruch der Stadtwerke Pforzheim gestern(4.8.2010) zurück.

Für Ulm ist dieses Urteil deshalb von großer Bedeutung, weil auch die UWS (Ulmer Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft) im Jahr 2005 ein solches Zinswettgeschäft mit der Deutschen Bank abgeschlossen hat und dadurch voraussichtlich einen Verlust von 3,5 Millionen Euro erleiden wird.

Das OLG Frankfurt hatte zunächst einen Vergleich vorgeschlagen: Pforzheim sollte sich mit zwei Millionen Euro Schadenersatz zufrieden geben. Dies lehnten sowohl die Stadtwerke als auch die Deutsche Bank ab.

Das Urteil wurde damit begründet, dass die Bank ausreichend informiert habe und das Derivatgeschäft „zur Zinsoptimierung geeignet gewesen“ sei. Einer Berufung vor dem BGH wurde stattgegeben.

Neun Urteile wurde bisher über Geschäfte mit Derivaten von Oberlandesgerichten gefällt. Sieben urteilten zugunsten der Deutschen Bank, d.h. sie sahen keine Verletzung der Beratungspflicht, kein einseitiges Geschäft und keine Verpflichtung der Deutschen Bank darauf hinzuweisen, dass es sich bei Spread Ladder Swaps um Spekulationsgeschäfte handelt, an denen Gemeinden und Gemeindebetriebe nicht an teilnehmen dürfen.

Was nun, Herr Gönner?

Wollen Sie nicht allmählich den Bürgern Ulms sagen, dass die 3,5 Millionen Euro der UWS weg sind?

Waren Sie, Herr Gönner, nicht 2005 Aufsichtsratsvorsitzender der UWS, als das Ulmer Derivatgeschäft mit der Deutschen Bank abgeschlossen wurde?

Finden Sie nicht, dass Sie Ihre Aufsichtspflicht im Aufsichtsrat nicht gewissenhaft genug erfüllt haben?

Müssen wir in Ulm auch damit rechnen, dass gegen die Verantwortlichen des Spekulationsgeschäftes staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue eingeleitet werden, wie dies bei der ehemaligen Pforzheimer Oberbürgermeisterin Augenstein und der Stadtkämmerin Weishaar geschah?

Der BGH wird mit großer Wahrscheinlichkeit nicht anders entscheiden als die meisten Oberlandesgerichte.

Bericht in der Pforzheimer Zeitung vom 5.8.2010

Eine Erklärung des Spekulationsgeschäftes durch die Ulmer Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft gibt es hier.

5.8.2010

Der Gönnergulden

…und Johannes Stolz

Die Verschuldung der Gemeinden und Städte hat unüberschaubare Ausmaße angenommen. Pforzheim konnte vor kurzem grade noch abwenden, dass die Stadt wegen ihres unsoliden und rechtswidrigen Haushaltes unter die verschärfte Kontrolle des Regierungspräsidiums gestellt wurde. Ulms Oberbürgermeister verbreitete lange in bester Zusammenarbeit mit dem Chef der Lokalzeitung den Optimismus, Ulm bliebe dank hervorragender Wirtschaftsstruktur von der Finanznot verschont.

Nachdem auch in der Donaustadt die Steuereinnahmen drastisch zurückgegangen sind und die katastrophale Finanzlage nicht mehr zu ignorieren und zu verbergen war, verlangte Gönner eine Erhöhung der Mehrwertsteuer von 19 auf 21 Prozent. Die dadurch den Bürgern abgeknöpften 16 Milliarden Euro Mehreinnahmen sollten den Kommunen zugewiesen werden.

Danach schlug er vor, die Gewerbesteuerpflicht auf Freiberufler ausweiten. Schließlich stellte er die Forderung, den Gemeinden eine weitere Beteiligung am Aufbau Ost zu erlassen. Alle diese Vorschläge stießen auf Kritik und Ablehnung, auch in Gönners eigener Partei.

Als sämtliche Vorstöße zur Erhöhung der Einnahmen ohne Aussicht auf Erfolg waren, kam ihm der Gedanke, dass den Kommunen die rechtliche Möglichkeit gegeben werden müsse, noch mehr Schulden zu machen. Auch diese originelle Idee hatte keinerlei Aussicht auf Realisierung.

Frustriert erhöhte der Oberbürgermeister sodann die Grundsteuer und hat, wie der Donaufisch in Erfahrung brachte, nun einen ganz neuen Plan: den Gönnergulden.

Das ist ein von Gönner und seinem Beraterstab erfundenes Wertpapier. Das Ulmer Rathaus spricht von „einer überaus attraktiven Melange aus Knock-out-Zertifikat und Anleihe“. Emittent des Wertpapieres wird die Stadt selbst sein. Vereinfacht gesagt, erwerben die Käufer des Gönnerguldens Anteile an der Stadt und erhalten für ihr investiertes Kapital keine feste Verzinsung, sondern sind Teilhaber am Erfolg und Misserfolg der wirtschaftlichen Entwicklung Ulms.

Es sind vor allem unsere älteren Mitbürger und Mitbürgerinnen, die über beachtliche Sparguthaben verfügen. Anstatt diese Guthaben auf Sparkonten bei Banken zu einem niedrigen Zinssatz zu belassen, wo sie unproduktiv sind, wäre es wirtschaftlich wesentlich sinnvoller, das Geld in die gedeihliche Entwicklung der Heimatstadt zu investieren. Wie aber sollen die potenziellen Investoren gewonnen werden?

Im April 2010 wählten 154 von insgesamt 1428 Mitgliedern des Generationentreffs Ulm / Neu-Ulm e.V. (früher: Altentreff) Johannes Stolz zu ihrem neuen Vorsitzenden. Stolz ist pensionierter Geschäftsführer eines städtischen Betriebes in Ulm (EBU), CDU-Mitglied und Gatte der baden-württembergischen Sozialministerin Monika Stolz. Vorgeschlagen für den Vorstandsposten wurde er von Ivo Gönner. Warum? Erst auf den zweiten Blick offenbart die Wahl Stolz‘ zum Vorsitzenden der Ulmer Alten die listige Strategie des Oberbürgermeisters:
Mit Johannes Stolz hat Ivo Gönner einem seiner loyalsten Mitarbeiter die delikate Aufgabe übertragen, die Alten Ulms vom Gönnergulden zu überzeugen und sie zur Investition zu bewegen.

Wie eng und vertrauensvoll das Verhältnis zwischen Gönner und Stolz ist, lässt sich alleine an folgendem Umstand ablesen: Als 2003 die städtische Kanalisation an eine amerikanische Bank verkauft wurde, um sie hinterher von dieser Bank zu mieten (Cross-Border-Leasing), reiste Herr Johannes Stolz als Geschäftsführer der EBU in die USA, um dort am 10.7.2003 einen Vertrag zu unterschreiben, den bis heute niemand in Ulm versteht…

Rechnen Sie sich bitte aus, was das für neue städtische Handlungsspielräume eröffnet, wenn 1400 ältere Menschen (oder über die Multiplikatorenwirkung noch etliche mehr) für 1.000, 10.000 oder 100.000 Euro Gönnergulden erwerben. Da lässt sich locker eine Basketballhalle bauen, wie sie zurzeit für 18,4 Millionen Euro in Ulm trotz Finanzkrise entsteht.

Außerdem sind bereits andere Vertraute des Oberbürgermeisters dabei, in anderen Vereinen die Werbetrommel für den Gönnergulden zu rühren: Im März 2010 wählten 88 von insgesamt 1400 Mitgliedern Martin Rivoir zum Vorsitzenden des Deutschen Alpenvereins…

Aktuelle Meldung.
Wie wir soeben am Stammtisch erfahren, wird die Ulmer Agentur Press ’n Relations die Außendarstellung der Ulmer Finanzperformance Gönnergulden übernehmen. Damit dürfte der Nachteil des Gönnerguldens – die ungewisse Rendite – durch professionelle PR mehr als kompensiert werden.

18.6.2010

Verschwender

oder: Von allen guten Geistern verlassen

Ulm kam 1810 von Bayern nach Württemberg. Deshalb stiftete König Friedrich von Württemberg 2000 Gulden, um östlich der Stadt am Nordufer der Donau einen Park anlegen zu lassen. 2011 feiert die 30 Hektar große Friedrichsau 200.Geburtstag. Und die Stadträte wollen dabei mit Geld nicht knauserig sein.

Mittel April 2010 berieten die Räte vom Stadtplanungsausschuss über eine Neugestaltung des Parkes. 445.000 Euro wollen sie ausgeben, um Wege zu verändern, Sitzstufen an einem See anzulegen und Bäume vom Boden aus zu beleuchten. Aus Sparsamkeitsgründen verzichteten sie darauf, vorhandene Parklaternen auszutauschen. Heftig diskutiert wurde von den Volksvertretern die Frage, welcher Wegebelag der beste sei: eingefärbter oder grauer Asphalt oder vielleicht doch besser Granitstein.

Zur Erinnerung: Ulm wird 2013 auf einem Schuldenberg von 210 Millionen Euro hocken. Heute schon bezahlt die Stadt 6.000.000 Zinsen jährlich für ihre Schulden. Die Einnahmen gehen infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise stark zurück. Jede Woche klagt der Ulmer OB Ivo Gönner in einer Art Ritual vor den versammelten Medien, wie schlecht es um die Finanzen der Stadt bestellt ist.

Unter diesen Rahmenbedingungen beschließen die Ulmer Volksvertreter:
Den Bau einer Basketballhalle (18,4 Millionen plus 500.000 jährlichen Betriebskostenzuschuss)
Teilrealisierung eines „Lichtkonzeptes“ (Anstrahlung eines Turmes für 90.000)
Flugwettbewerb 2011 in Laupheim (800.000)
Parkgestaltung Friedrichsau (500.000)

Eine exponierte Rolle spielte bei der Diskussion um die Neugestaltung des Parkes als Befürworter der CDU-Gemeinderat Herbert Dörfler. Vertreter der Grünen und der SPD sprachen sich gegen das Projekt aus.

Bald wird der Ulmer Gemeinderat den letzten Zweifler davon überzeugt haben, dass er absolut unfähig ist, mit dem Geld der Bürger verantwortungsvoll umzugehen. Sparsamkeit, vernünftiger Einsatz sehr knapper Mittel, Konsolidierung – das sind Fremdworte für die meisten Damen und Herren im Gemeinderat. Das verlogene Spiel wird wohl so lange weitergehen, bis die Gemeindefinanzen zusammenbrechen: Jeder Gewählte macht eine ernste Miene und beklagt die katastrophale finanzielle Lage Ulms, um wenig später munter zusätzliche Ausgaben zu beschließen.

Herr Dörfler war Leiter einer großen Schule und er weiß, wie wichtig die Vorbildfunktion von Führungspersönlichkeiten ist. Wer in gegenwärtiger Lage der Stadt weitere Ausgaben aufbürdet, handelt nicht vorbildlich, sondern sendet das Signal: Jeder möge sich aus der Kasse holen, was er bekommen kann.

Und dann wundern sich Volksvertreter, wenn die Wahlbeteiligung bei den Gemeinderatswahlen 2014 noch weiter sinken wird; bereits 2009 lag diese nur noch bei 46,4 Prozent, von 84.000 Wahlberechtigten gingen nur noch 39.000 zur Wahl. Wer in Zeiten leerer Kassen und einer miserablen Prognose für die Gemeindefinanzen so handelt, wie Räte dies in Ulm tun, verliert jede Glaubwürdigkeit. Mehr Geld darf solchen Volksvertretern gar nicht anvertraut werden, da sie es sowieso nur vergeuden würden.

15.4.2010

Die Werbekampagne

Ulms Oberbürgermeister ist ein findiger Mensch. Seit Monaten sucht er nach einem Ausweg aus der städtischen Finanzkrise. In seiner Rolle als Präsident des Städtetages von Baden-Württemberg schlug er die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 19 auf 21 Prozent vor. Die Mehreinnahmen von 16 Milliarden Euro sollen den Kommunen zufließen.

Der Widerstand gegen Gönners Vorschlag ist beachtlich: Sowohl der Ulmer SPD-Landtagsabgeordnete Martin Rivoir als auch die Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis lehnten Gönners Vorschlag ab. Zu Recht, denn eine Erhöhung der Umsatzsteuer ginge vor allem zu Lasten ärmeren Menschen und wäre außerdem wirtschaftspolitisch kontraproduktiv, weil die Inlandsnachfrage dadurch gedämpft wird.

Gestern noch potenzieller SPD-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl 2011, wird Gönner nun zu einer Person, mit der man sich als Sozialdemokrat besser nicht öffentlich sehen lässt, wenn man keine Wählerstimmen verlieren möchte.

Etliche Pläne wurden von Gönner und seinem Beraterkreis geprüft. Wie verschafft man Ulm in schwierigster Lage zusätzliche Einnahmen? Das Angebot an Firmen, private Gespräche mit dem Oberbürgermeister gegen Stundenhonorar zu führen (das sog. Jürgen-Rüttgers-Modell) wurde ebenso verworfen wie der komplette Verkauf des Ulmer Einsteinhauses als Gesamtkunstwerk (inklusive der Leiterin) an einen amerikanischen Kunstsammler.

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Da kam der Zufall der Stadtspitze zu Hilfe: Das Ulmer Erotikgewerbe plant eine großangelegte Werbekampagne. Durch Anzeigen in den Printmedien, Clips im Fernsehen und im Internet soll überregional, ja landesweit dafür geworben werden, sich einen schönen Abend oder ein abwechslungsreiches Wochenende in der Erotikhauptstadt an der Donau zu machen. Dabei steht im Mittelpunkt der Werbekampagne, dass jeder Euro, der von Konsumenten hier ausgegeben wird, ein Beitrag zur Steigerung des Bruttoinlandsproduktes ist, an dem auch der Staat und die Stadt mitverdienen.

Eroscenter Ulm

Die bisher angedachten Werbeslogans drangen bis in das Machtzentrum des Ulmer Rathauses:
– Für ein schnelles Wirtschaftswunder / Lassen wir die Hosen runter
– Hilf und stütz die Konjunktur / Mach mit bei der Ulmer Erotiktour
– Steigt die Zahl der Ulmer Freier / Gibt s bald mehr Gewerbesteuer

Wie Sie vielleicht wissen, hat der Ulmer Oberbürgermeister bereits einige Erfahrungen als Mitwirkender in Werbeaktionen gesammelt.

Vor der letzten Gemeinderatswahl posierte das SPD-Mitglied mit jungen Kandidaten der CDU, um für deren Wahl zu werben. In einem Spot, der im Regionalfernsehen lief, zog sich der Herr danach grüne Turnschuhe an und plädierte für Ökostrom der Stadtwerke Ulm, die ihre Kunden seit Jahren mit Energie zu völlig überzogenen Preisen versorgen. Neuerdings wirbt er mit aufgekrempelten Hemdsärmeln in der Werbebroschüre der Ulmer Firma Uzin für eine bestimmte Weise des Verlegens, Versiegelns und Reinigens von Fussböden.

Warum also sollte Oberbürgermeister Gönner nicht an der Werbeaktion des Erotikgewerbes teilnehmen, wenn das der Stadt zugute kommt? Als Slogan, der sich gezielt an die Ulmer Männer richtet, schlagen wir vom Stammtisch vor:

Der Ivo trinkt im Venustempel / Abends manchen Rotweinbembel

9.4.2010