Donauakademie – ein Lehrstück aus dem Provinztheater Ulm

Nun ist es also bald soweit : Im Juli 2008 öffnet die Donauakademie. Trotz vieler wortreicher Erklärungsversuche kann niemand genau sagen, welche konkreten Aufgaben diese Einrichtung erfüllen wird. Viele Gedanken hat sich das Donaubüro indessen darüber gemacht, wer in welchen Gremien an der Akademie beteiligt sein soll. Mit anderen Worten : Während die inhaltlichen Vorstellungen noch recht mangelhaft sind, ist der bürokratische Apparat schon fast fertig. Der Inhalt eines Theaterstückes aus der Provinz? Nein, leider Realität.

In einer Broschüre wird den Bürgern erklärt, dass „der Strom gleichsam ein Symbol für die Völkerverständigung“ sei und es um nichts weniger als die „Wiedergewinnung des modernen europäischen Geistes der Aufklärung“ ginge , um „Toleranz und Humanismus“ und um einen „Beitrag zum europäischen Integrationsprozess“. Donnerwetter! Da wurden gleich mehrere geistesgeschichtliche Strömungen aus verschiedenen Jahrhunderten zu Paten einer Akademie ernannt, die nur auf dem Papier und in Feiertagsreden existiert. Welche Kritiker könnte angesichts der Berufung auf anspruchsvolle Ideen von Renaissance und Aufklärung noch Einwände erheben?

Um einem Missverständnis vorzubeugen : Ich wende mich nicht dagegen, dass die Kontakte zwischen Menschen und gesellschaftlichen Einrichtungen in verschiedenen Donaustädte ausgebaut und verbessert werden.
Es ist gut und verdient Unterstützung, wenn Sportvereine, Theater, Museen, bildende Künstler, Musiker, Schulen und Jugendgruppen sich um Kontakte in anderen Donaustädten bemühen, wenn sie dorthin reisen und Gäste von dort empfangen. Es ist gut, wenn Ulmer Mediziner Kollegen aus anderen Donaustädten einladen, um mit ihnen zu arbeiten und ihnen Weiterbildung zu ermöglichen. Es ist gut, wenn der Tübinger Kulturwissenschaftler Reinhard Johler Forschungen zu ethischen Konflikten im Donauraum, zu Migration und zu Fragen einer europäischen Identität anstellt.
Aber müssen wir jeder gesellschaftlichen Aktivität gleich eine bürokratische Organisation überstülpen, müssen wir immer gleich einen bürokratischen Wasserkopf installieren? Für wie unfähig halten wir Menschen in unserer Gesellschaft?

Nicht zuletzt durch die Entstehung und das beständige Anwachsen einer kostspieligen EU-Bürokratie sind die Bürger in vielen Ländern gegenüber der fantastischen europäischen Idee mißtrauisch geworden (Ergebnis der Volksabstimmung zur EU-Verfassung z.B. in Frankreich). Haben unsere Bürokraten in Ulm davon nichts gelernt? Ulm braucht keine Donauakademie und keinen Stadtkommissar für kulturellen Austausch und Völkerverständigung. Die Organisation kultureller und wissenschaftlicher Zusammenarbeit entlang der Donau sollten wir besser gesellschaftlichen Kräften überlassen, staatliche und städtische Einmischung oder Bevormundung schadet und verbraucht Steuergelder, die besser investiert werden können. Wieviele Schulklassen, Jugend- und Studentengruppen können mit den Geldern, die im Donaubüro und der Donauakademie versickern, nach Bratislava, Vukovar, Novi Sad oder Tulcea reisen als Botschafter der Stadt Ulm? Wieviele Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene aus diesen Städten können mit diesem Geld nach Ulm kommen und hier bewirtet werden oder eine Ausbildung absolvieren? Es gibt sicher viele Beispiele für sinnvolle und unterstützenswerte Kontakte.

Da die Ulmer Stadtverwaltung seit 2001 über eine Koordinierungsstelle für Europaangelegenheiten verfügt, ist auch dafür Sorge getragen, dass sämtliche Möglichkeiten ausgeschöpft werden, EU- Zuschüsse für die kulturelle und wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Donaustädten zu erhalten. Frau Dorothea Hemminger, die Europakoordinatorin Ulms, ist dieser Aufgabe gewiss gewachsen, ohne dabei auf die Hilfe von Donaubüro oder Donauakademie angewiesen zu sein.

Bleibt am Ende nur eine Frage: Welcher Gemeinderat, OB-Kandidat oder Lokaljournalist hat als erster den Verstand und den Mut, öffentlich Kritik an Donaubüro und Donauakademie zu äußern?

Werbung

Donaustrand in Ulm

An der schönen blauen Donau

Seit mehreren Wochen ist es ein Thema in Ulm : Baubürgermeister Wetzig und seine Bauverwaltung wollen in der Höhe des SSV Bades einen „Kiesstrand“ an der schönen blauen Donau anlegen lassen, einen „Badestrand“ für Familien und ihre Kinder, der die Stadtkasse schlappe 250000.- € kosten wird. Und alles ist schon auf gutem Wege : im zuständigen Ausschuss des Gemeinderates schlossen sich die weisen Räte der Verwaltungsvorlage einstimmig an, keine Gegenstimme, kein Widerstand aus keiner Fraktion! Ein Experte in Sachen Naturschutz war ebenfalls der Ansicht, dass es sich bei diesem Projekt um etwas überaus Unterstützenswertes handele. Einzig der Chef der Lokalzeitung bewies unter den öffentlichen Personen Ulms Verstand und nahm den Kampf auf, schrieb Artikel, Kommentare und Glossen gegen die neuerliche Zumutung des Stadtexperten für Stahlbeton Wetzig, ließ unzählige Leserbriefe entrüsteter Bürger abdrucken und führte eine Telefon-Voting-Aktion unter den Zeitungslesern durch, deren Ergebnis über die Meinung der Steuerzahler keinen Zweifel zuläßt : Es gibt in Ulm kaum jemand, der diesem schwachsinnigen Kiesstrand-Projekt zustimmen würde, wenn er abstimmen könnte.

Reicht es nicht, dass Herr Wetzig mit seinen Radwegeplänen vor vielen Jahren das westliche Donauufer zubetonieren und eine unnötige Brücke errichten ließ, muss er jetzt auch noch die östlich gelegenen Ufer in eine Steinwüste verwandeln?
Warum hat keiner der Stadträte oder die Bauverwaltung den Rat des Gesundheitsamtes zu diesem „Projekt“ eingeholt? Das Gesundheitsamt führt regelmäßig Kontrollen aller Gewässer durch, würde dort angefragt werden, würde schnell eine eindeutige Auskuft erteilt: Vom Baden in der Donau wird dringend abgeraten!

Wie sollen die Bürger das Verhalten eines Bürgermeisters bewerten, der die maßgebliche Meinung einer Einrichtung, die für Gesundheitsfragen zuständig ist, in den Wind schlägt oder gar nicht erst einholt?

Die Donau ist schon lange nicht mehr blau; wollen wir hoffen, dass auch die Mitglieder des Ulmer Gemeinderates nicht blauäugig oder blau sind, wenn sie über die Schnappsidee Donaustrand abstimmen werden.

vh ulm

Gefangenenchor der RAF singt

Die Volkshochschule Ulm steckt in einer schlimmen Finanzkrise, auf 450.000 € ist der Schuldenberg angewachsen, Aussicht auf Besserung in den kommenden Jahren bestehen kaum. Die Leiterin der Bildungsstätte, Frau Dr. Dagmar Engels, räsonierte bereits über schwerwiegende Eingriffe ins Programmangebot: „Angesichts unserer schwierigen Lage stehen selbst Programm-Highlights wie ‚Afrikanisches Trommeln‘, ‚Orientalischer Tanz‘ und ‚Panflöte für Anfänger‘ auf dem Prüfstand.“ Doch, wo die Not am größten, ist die Hilfe am nächsten: Zahlreiche Personen des öffentlichen Lebens erklärten ihre Bereitschaft, der in ihrer Existenz bedrohten Volkshochschule zu helfen. Ohne selbst ein Honorar zu erhalten wollen Frauen und Männer aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Ulm der Volkshochschule helfend beistehen. Ihr Plan ist es, mehrstündige Kurse am Wochenende anzubieten, die von Interessenten gebucht werden können. Die solchermaßen erwirtschafteten Einnahmen sollen voll und ganz dem überschuldeten Haushalt der Bildungseinrichtung zufließen. Wie ein Sprecher der Unterstützer sagte, will die Initiative auch verhindert, dass 38.000 € aus dem Stadthaushalt an ein Büro aus Neckarsulm fließen. Dieses Büro sollte Frau Dr. Engels Vorschläge unterbreiten, wie die Vh sparen kann. (Merke: Sparen ist teuer!) Offiziell wurde noch nicht bekannt gegeben, welche Personen welche Angebote machen werden. Aus gut unterrichteten Kreise konnten wir jedoch folgende Informationen erhalten:
H.U.Thierer bietet einen Kurs zum Thema „Die Büttenrede“. Von der Materialsammlung über die Textproduktion zum guten Vortrag.
I.Gönner führt in die Aquarellmalerei ein am Beispiel städtebaulicher Motive (Multifunktionshalle). A.Wetzig offeriert einen Bastellkurs, der dem Vernehmen nach den vorläufigen Titel trägt: „Zeitgenössische Architektur – Von der Bastellarbeit zum Verstehen und Begreifen“. Dr.Kulitz gibt Einblick in „Die Kunst erfolgreichen Verhandelns“; als Studienobjekt dienen den Kursteilnehmern dabei Kulitz‘ Verhandlungen mit Bundesverkehrsminister Tiefensee in Berlin über die neue Bahntrasse Stuttgart – München. Auch unser Team vom Virtuellen Gasthaus Donaufisch erörtert zur Zeit Hilfsmaßnahmen für die vom Konkurs bedrohte vh ulm, bisher allerdings ohne konkretes Ergebnis. Eine besonders erfreuliche Nachricht kommt aus dem Roxy in Ulm, wo das Leitungsteam ebenfalls einen Beitrag zur Unterstützung der Not leidenden Volkshochschule plant. Auf der Bühne des soziokulturellen Zentrums soll der Gefangenenchor der RAF Kampflieder aus der Arbeiterbewegung vortragen. Damit bei den Zuhörern diese Darbietung nicht falsch verstanden wird, wollen der Geschäftsführer und seine Mitarbeiter am Rande der Veranstaltung über die Geschichte und Ziele der RAF aufklären.

Das Donaubüro

Heute muss ich mal brechen, und zwar eine Lanze für den so oft und zu Unrecht geschmähten Peter Langer, und das von ihm geleitete Donaubüro. Immer wieder die gleichen Vorwürfe, sogar von der Lokalpresse, ich mag es nicht mehr hören. Vergessen denn alle, was dieser Mann sich für Verdienste erworben hat? Wer sorgte dafür, dass das Roxy auf sicherem finanziellem Fundament steht? Wer organisierte das beste Miltärmusikfestival, das es weit und breit jemals gegeben hat? Was ist schon dabei, wenn einer im Verlauf seines Lebens Mitglied fast aller Parteien war, von denen der Normalbürger gar nicht alle kennt? Es schadet nicht, im Gegenteil, es kann nur nützen zu wissen, wie die Ulmer Welt aus maoistischer, aus grün-alternativer oder sozialdemokratischer Sicht aussieht. Es ist auch keineswegs despektierlich, am Ende eines langen Weges der vernünftigen Anpassung aus dem Munde einer CSU-Lokalpolitikerin zu hören: „ Toll, mit welch persönlichem Engagement Sie für das Projekt werben“. Mich würde es nicht wundern, wenn in Kürze in diesem politisch sehr bunten Leben ein weiterer Einschnitt passierte: ein Beitritt zur CSU. Zeugt nicht gerade ein Leben mit so vielen Wendepunkten von Lernvermögen und Lebenserfahrung? Wir wissen es aus der Biologie: auf unserem Planeten überleben langfristig nur Lebewesen, die es verstehen sich ihrer Umwelt anzupassen; der Säbelzahntiger ist ausgestorben.
Und wie es anpassungsfähige Tiere tun (tun müssen! das ist ja biologisches Programm), kämpft Herr Langer um seine Jagdgründe und Nahrungsgrundlagen, wenn er nach Neu Ulm reist, um dafür zu werben, dass neben der IHK und Ulm auch die Nachbarstadt in das Kässlein einzahlt, aus dem er bezahlt wird.
Jetzt mal ehrlich, werter Leser: Würden Sie unter diesen Umständen bei der Werbeaktion nicht auch einen „tollen und engagierten“ Auftritt hinlegen? Wir sollten auch nicht vergessen,dass es um die Sache geht, um das Donaubüro und dessen Aufgaben. Neulich erklärte mir ein erfolgreicher Ulmer Unternehmer, was es damit auf sich hat. Er sagte: Sie müssen sich das so vorstellen. Das Donaubüro ist eine Art Reisebüro, das Reisen, Übernachtungen und Verpflegungen organisiert, dafür aber überhaupt nichts berechnet.Die Reisen dienen der Völkerverständigung und dürfen von bestimmten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens gebucht werden. In ein paar Jahren, sagte der Unternehmer, wird sich diese Anschubfinanzierung auszahlen.
Ich war sprachlos angesichts dieses so einfachen und erfolgversprechenden Konzeptes. Deshalb drücke ich in den kommenden Wochen die Daumen für Herrn Langer und das Donaubüro. Ich hoffe und wünsche sehr, dass sich auch unsere bayrische Nachbarstadt an diesem genialen Donaubürokonzept beteiligt.

/16.4.07