DC Commercial und der Sedelhof

Investor am Ulmer Sedelhof ist der Hamburger Immobilienentwickler DC Commercial (Tochter von Dahler & Company) . Er kaufte die Projektgesellschaft von MAB (Rabobank).

Mit 36 von 40 Stimmen votierte der Gemeinderat am 28.1.2015 in nicht-öffentlicher Sitzung für DC Commercial als neuen Investor. 170 Millionen Euro will dieser ausgeben. Kein abgeschottetes Shoppingcenter, sondern ein Einkaufs- und Wohnquartier soll gebaut werden mit Supermarkt, Lebensmitteldiscounter und großem Elektrogeschäft. In den Obergeschossen entstehen Büros und 100 hochwertige Wohnungen.

Der Bau des DC-Commercial-Projektes beginnt im Sommer 2016, heißt es, 2018 sei das neue Quartier fertig. Das hört sich alles nicht schlecht an. Die bisher bekannt gegebenen Pläne über die Gestaltung des neuen Viertels wecken die Hoffnung, dass aus dem neuen Sedelhof doch noch ein Gebiet wird, das Qualität hat.

Was aber wird Ulm für das Projekt unterm Strich draufzahlen?
Alle hochfahrenden Pläne von Gönner, Wetzig und Czisch sind beim Teufel. Wahrscheinlich werden die drei froh sein, wenn sie am Ende „nur ein paar Millionen“ weniger von DC Commercial bekommen, als sie für den Kauf von Häusern und Grundstücken am Sedelhof ausgeben mussten. In Vergessenheit geraten wird, dass die Stadt Ulm McDonald’s mit Millionen subventioniert, damit die Fast-Food-Kette den Sedelhof vorübergehend verlässt, um später in ein neues Quartier dorthin zurückzukehren.

Bis vor kurzem zitterten Verwaltung und Stadtrat um das Projekt. Nun sind alle erleichtert und werden den Bürgern die nächsten Monate weismachen, dass der neue Sedelhof für Ulm nicht nur ein Bombengeschäft, sondern auch ein ganz einzigartiges Projekt sei, das in Europa seinesgleichen suche.

Es ist diese Angeberei und Großtuerei, dieses Beschönigen, das vorsätzliche Verschweigen wichtiger Tatsachen, die listige Verdrehung oder versteckte Lüge, Unehrlichkeit und Verschlagenheit, was manche Politiker so unglaubwürdig macht und damit viele Bürger zu empfindlichen Skeptikern.

Sedelhof

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Dr. Pinsler wohnt bescheiden

Vor kurzem konnte Dr. Frank Pinsler ein neues Reiheneckhaus im Türmle beziehen.

Erdgeschoss, Obergeschoss, Flachdach, weiße Fassade.große Fenster und Balkontüren. Drum herum den größten Garten aller benachbarten Häuser, an der Grundstücksgrenze ein Baum, der in wenigen Jahren Schatten spendet, wenn der Bewohner und seine Gefährtin an einem heißen Sommernachmittag auf der Terrasse sitzen. Von den Häusern, die hier stehen , liegt das Reiheneckhaus Dr. Pinslers am ruhigsten. Kein Durchgangsverkehr, in akzeptablem Abstand Familien mit Kindern.

Dr. Pinsler wohnt zur Miete.

Eigentümer aller neuen Häuser hier im Türmle ist die Ulmer Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft (UWS). Sie ließ in diesem Wohnviertel Häuser abreißen. Die Sanierung sei zu teuer, hieß es. Ehemalige Mieter, die z.T. Jahrzehnte hier gelebt hatten, mussten das Viertel verlassen. Die neuen Mieten sind für sie unbezahlbar.

Dr. Pinsler arbeitet bei der Ulmer Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft (UWS). Er ist dort Geschäftsführer.

Das ist auch der Grund dafür, dass bei uns im DF die letzten Wochen Beschwerden eingingen. Vetterleswirtschaft, hieß es in verärgerten Äußerungen. Korruption, ein Angestellter eines städtischen Unternehmens (auch noch dessen Chef) verschaffe sich Vorteile mit Hilfe dieses Unternehmens .

Wir verstehen die ganze Aufregung nicht.

Sicher ließ sich Dr. Pinsler auf eine Liste aller Mietinteressenten setzen und kam ganz ordnungsgemäß als sechster von sechs Bewerbern zum Zug. Dass die Häuser für Familien mit Kindern gedacht sind und Herr Dr. Pinsler einen Mietvertrag erhielt, kann ihm niemand vorwerfen. Es haben sich eben zu wenige Familien mit Kindern beworben.

Außerdem sollten wir endlich aufhören mit diesem krankhaften Streben, alle Menschen gleich behandeln zu wollen. Tüchtige Mitarbeiter unseres Oberbürgermeisters Gönner haben es verdient, in den Genuss gewisser Vorteile zu kommen.( es wäre auch recht und billig, wenn Herr Dr. Pinsler sich nun seinerseits bei jenen Personen erkenntlich zeigen würde, die daran mitgewirkt haben, dass er im Sommer 2014 ein Haus der UWS beziehen konnte).

Wie heißt es so schön auf der Internetseite der Ulmer Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft?

„Hier finde ich mein Zuhause…Soziale Verantwortung – das ist uns nicht nur eine angemessene und bezahlbare Miete“.

Herr Dr. Pinsler hat zu einer angemessenen und bezahlbaren Miete ein Zuhause gefunden – ein bescheidenes Zuhauses, wie wir vom DF meinen. Da sollten wir mit unserer städtischen Wohnungsbaugesellschaft doch zufrieden sein und nicht gleich wieder neidvoll die kameradschaftliche Ulmer Atmosphäre vergiften.

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Das Foto zeigt Herrn Dr. Pinsler, die Stadträtin Malischewski und OB Gönner beim Spatenstich am Türmle. Gemeinsam arbeiten sie daran, dass für Herrn Dr. Frank Pinsler ein preiswertes Reiheneckhaus entstehen kann.

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Ein „Kommando Ulmer Vetterleswirtschaft“ will jetzt überall im Türmle böswillig verunstaltete Plakate der Ulmer Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft (UWS) aufhängen. Wir vom DF missbilligen dies und verlangen vom Ordnungsamt der Stadt Ulm, dass unverzüglich gegen die Provokateure eingeschritten wird.

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Beiträge zur UWS

Ulms wundervolle Stadtsanierung (UWS) / 11.9.2011

UWS – Spekulationsgeschäfte – Ulm verliert Millionen /9.4.2008

UWS – Spekulationsgeschäfte / 21.11.09

UWS – Spekulationsgeschäfte 2 / 5.8.2010

Streng geheim oder: Wie Ivo Gönner die Deutsche Bank besiegte / 24.5.2012

Ulmer Architekt ausgezeichnet

Gleich zwei angesehene Preise auf dem Gebiet moderner Baukunst konnte ein Ulmer Architekt jetzt ergattern.

Adrian Hochstrasser erhielt neben dem „Kreativpreis 2014“ des Zentralverbandes Europäischer Kisten- und Schachtelfertigung (ZEKS) auch den „Numerobis Preis“ des Bundesverbandes genialer Statiker (BGS).

Was für eine Ehre für den Architekten! Welcher Stolz für die Bürger Ulms, die sich glücklich schätzen, so hervorragende Mitbürger unter sich zu wissen.

Den Kreativpreis des ZEKS erhielt Hochstrasser für seinen 2008 am Ulmer Hauptbahnhof errichteten Infopavillon. (siehe Foto) Ulms Baubürgermeister Alexander Wetzig erteilte seinerzeit den Auftrag den sog. „i-Pavillon“ für 380.000 € zu bauen.

Der Statikerpreis wurde Hochstrasser vom BGS für das von ihm konstruierte Eventschiff verliehen. Seit Monaten schwimmt das 3,2 Millionen € teure Gastroschiff des Unternehmes Eberhard Riedmüller ohne nennenswerte Beeinträchtigungen auf der Donau (siehe Foto). Wasserhöchst- und Wassertiefständen trotzt das Hausboot im Großen und Ganzen dank solider statischer Berechnungen Hochstrassers.

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Dilettanten, Schlitzohren & Sedelhöfe


Sie kaufen ein 9300 qm großes bebautes Gelände mit intakten Gebäuden in zentraler Lage, lassen sämtliche Gebäude abreißen, darunter ein einträgliches Parkhaus, errichtet 1983 für 16,5 Millionen DM. Kosten dieses Deals: 30 Millionen Euro. Weil in einem der Gebäude McDonald s sein Restaurant betreibt, erhält die Fastfoodkette 5 Millionen, um einem Umzug zuzustimmen. Einem angrenzenden Ulmer Geschäftshaus, Sport Sohn, muss geholfen werden, weil dessen Andienung durch ein geplantes Shopping-Center anders organisiert werden muss. Kosten 600.000 Euro.

Dann lassen sie sämtliche Gebäude abreißen. Ausgaben wohl einige Millionen. Genaues wird der Öffentlichkeit nie mitgeteilt.Die Kosten dürften sich also bisher auf insgesamt knapp 40 Millionen Euro addieren.

Jetzt kommt der erste dramatische Höhepunkt in diesem Schwank aus der Provinz: Sie schließen einen Vertrag mit dem Investor MAB, durch den das gesamte Gelände für 31 Millionen verkauft wird. Vor Vertragsabschluss ist bekannt, dass der Investor nach Errichtung eines Einkaufscenters auf dem erworbenen Gelände dieses an unbekannte Betreiber weiter veräußern und selbst abgewickelt werden wird. Eine Zukunft der Sedelhöfe als Spekulationsobjekt ist greifbar.

Die Hauptdarsteller dieser Komödie: Ivo Gönner, Oberbürgermeister der Stadt Ulm. Gunter Czisch, Finanzbürgermeister. Alexander Wetzig, Baubürgermeister. Volker Jescheck, Planungschef der Stadt Ulm. In wichtigen Nebenrolle: Herr Dr. Weber, Leiter des Referats 14 beim Regierungspräsidium Tübingen sowie sein Chef Dr. Strampfer, ein Regierungspräsident, der sich bestens mit der Ulmer Stadtspitze versteht. In weiteren Nebenrollen: Hans-Uli Thierer und andere Redakteure der SWP , die das Vorgehen der Stadt befürwortend begleiten, sich bei Kritik bis zur Selbstverleugnung mäßigen und die Bürger mit selektiven Informationen versorgen. Ganz am Rand des Bühnengeschehens: die gewählten Ulmer Gemeinderäte, die sich – mit todernster Miene – mit Wattebäuschen bewerfen.

Der erste Akt des Schwanks schließt mit den Worten des Stadtplanungschefs Jescheck. Dieser antwortet auf einer öffentlichen Veranstaltung im März 2014 auf die Frage, ob die Stadt an dem Geschäft überhaupt noch etwas verdiene: „Wir sind noch im grünen Bereich“. (Wo hat der Mann bloß rechnen gelernt?) Eine Erkenntnis dürften alle intelligenten Bürger Ulms jetzt bereits gewonnen haben: Nach dem CBL-Geschäft und dem Niedergang der Stadtwerke Ulm (SWU), den die Stadtspitze hilf- und tatenlos hinnimmt, aber wortreich verbrämt, wird der Sedelhof-Deal zur dritten großen Erblast, die Ivo Gönner der Stadt hinterlassen wird.

Wir langweilen unsere Leser in der Regel nicht mit juristischen Fragen. Gelegentlich ist es aber unvermeidlich, solche aufzuwerfen, auch deshalb, weil Verwaltungen ihr Handeln oft damit legitimieren, dass ihnen wegen der Rechtslage keine Alternative bleibe. Dieses Argument erstickt jeden Widerstand: wenn bestehende Gesetze ein bestimmtes Handeln verlangen, kann man eben nichts machen – außer auf eine Novellierung rechtlicher Maßstäbe hinwirken, was langwierig und meist wenig Erfolg versprechend ist.

Auch die Ulmer Bauverwaltung begründete ihr Vorgehen zu Beginn der Ausschreibung für das Sedelhöfe-Einkaufszentrum mit der herrschenden Rechtslage. Das Vergaberecht verlange ein „Bieterverfahren“, ein Verfahren also, das es nicht zulässt, die Bürger umfassend zu informieren und an der Planung mitwirken zu lassen.

Ein Fachmann für städtebauliche Planung, der sich mit Ausschreibungen nach dem § 101 GWB auskennt, kommentierte das Vorgehen Ivo Gönners und der Stadtspitze 2010 zu Beginn des Sedelhofprojektes mit den Worten:

Das Tragische an dem Ulmer Projekt für mich ist der Umstand, dass die Stadt die falsche Rechtsauffassung vertritt, dass sie die Ausschreibung europaweit durchführen musste und deshalb ein Verfahren wählte, das nach Wettbewerbsrecht Verschwiegenheit verlangt.

Im März 2010 wurde durch den Europäischen Gerichtshof das sogenannte „Ahlhorn-Urteil“ aufgehoben, durch das Grundstücksverkäufe und städtebauliche Verträge der öffentlichen Hand als ausschreibungspflichtige Bauaufträge betrachtet wurde (deshalb glaubte die Stadt wohl ausschreiben zu müssen).

Durch das knapp drei Monate vor Ausschreibung ergangene EuGH-Urteil vom 25. März 2010 hätte die Stadt Ulm sich das komplizierte und intransparente Vergabeverfahren ersparen können.

Ausschreibungspflichtig sind nur jene Verkäufe mit Bauverpflichtung, bei denen die öffentliche Hand ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse an der Bauleistung hat (z.B. wenn sie Eigentümerin des Gebäudes wird). Eine Verpflichtung zur Verfolgung städtebaulicher Ziele ist kein wirtschaftliches Interesse an der Bauleistung. Vermutlich war die Ausschreibung in dieser Zeit schon sehr weit fortgeschritten oder man traute dem neuen Urteil und dessen Folgen noch nicht.“

Somit fällt die Bilanz des interessierten Bürgers bereits vor Errichtung des erste Sedelhof-Center- Gebäudes noch düsterer aus:

Nicht genug damit, dass Gönner beim Sedelhof-Deal Millionen Euro zum Fenster rausgeworfen hat und aus dem Sedelhof ein Spekulationsobjekt machen wird; der konsequente Ausschluss der Bürger bei der Diskussion des Projektes durch angeblich unumgängliche Geheimhaltung war rechtlich unnötig. Und die Rechtsaufsicht des Regierungspräsidiums in Tübingen hält das alles, was in Ulm geschieht, für völlig legal.

In Kenntnis dieser Sachlage können die Bürger kaum davon ausgehen, dass die Rathausspitze sie respektiert und die Rechtsaufsicht rechtlich einwandfreies Handeln einer Stadt garantiert. Im Gegenteil, bei genauerer Betrachtung wird mancher den Verdacht hegen, dass hier neben Dilettantismus auch schlitzohrige politische Taktik am Werk war und ist.

Bürger diskutieren über Sedelhöfe

Auf einer Veranstaltung der Bürgerinitiativen rund ums Bauen in Ulm (BIBU), der Sedelhof – Initiative und der RPG Mitte-Ost gab es heute Abend Gelegenheit, sich über das geplante Sedelhöfe-Shopping-Center am Ulmer Hauptbahnhof zu informieren.

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Während alle Ulmer Gemeinderäte resigniert haben, den Verkauf des 9.000 qm großen Sedelhof-Areals an den Investor MAB akzeptieren und die Hoffnung, am Projekt noch nennenswerte Änderungen durchsetzen zu können, aufgegeben haben, hält Klaus Köppen (BIBU) Änderungen am Projekt noch für möglich.

Seine Darlegungen machen deutlich, wie sich die Stadtverwaltung bei den Verhandlungen mit dem Investor MAB immer weiter von ihren Vorstellungen entfernte:

Die Stadtverwaltung wollte für das Sedelhofgelände 39 Millionen, zwischen 29 und 31,5 Millionen wird sie bekommen. Alle Abrissarbeiten – so die ursprünglichen Absichten – seien von MAB zu übernehmen, jetzt bezahlt sie die Stadt.

MAB sollte sich über die Lösung kostspieliger Probleme mit Sport Sohn und McDonald’s einigen. Auch für die Lösung dieser Probleme sorgt nun (mit vielen Millionen Euro) die Stadt Ulm.

Nach Köppens Meinung trägt die Planung eines Shopping-Centers am Ulmer Hauptbahnhof weder dem Umstand Rechnung, dass es im Umland viele neue Einkaufsmöglichkeiten gebe, noch berücksichtige sie die Tatsache, dass der Internethandel stark zugenommen habe und weiter zunehmen werde.

Beraten und beschlossen worden sei alles Wesentliche zum Sedelhöfe-Center in nicht-öffentlichen Sitzungen des Gemeinderates. Von 20 geplanten Wohnungen in den Sedelhöfen würden neun realisiert. Da der Investor MAB nach Abschluss des Sedelhofprojektes abgewickelt wird, werde das Center später möglicherweise zum Spekulationsobjekt.

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Für den Stadtplaner und Architekten Holger Pump-Uhlmann aus Braunschweig ist die Zeit für Shopping-Center schon fast wieder vorbei, weil der Internethandel boomt.

Große Einkaufscenter seien auch deshalb problematisch, weil nicht klar sei, was passieren solle, wenn sie in Zukunft einmal leer stünden. In der Ulmer Innenstadt werde seit Jahren mehr umgesetzt, als an Kaufkraft vorhanden sei. Studien zeigten, dass durch Einkaufszentren so viele Arbeitsplätze in Fachgeschäften verloren gingen wie neue Arbeitsplätze entstünden.

Pump-Uhlmann und seine Kollegen meinen: Städte mit weniger als 200.000 Einwohnern sollten Shopping-Center mit maximal 15.000 qm bauen; die Sedelhöfe werden 18.000 qm Verkaufsfläche haben. Der Braunschweiger Experte rät bei der Planung neuer Einkaufscenter zu umfassenden Gutachten über deren Verträglichkeit und zur Beteiligung der Öffentlichkeit. Seine implizite Kritik an den Planungen des Ulmer Rathauses: „Man kann, wenn man will, auch in einem Bieterverfahren die Öffentlichkeit über den Zwischenstand der Projekte und das ganze Verfahren informieren.“

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Vgl. auch die amerikanische Webseite “ Deadmalls.com „, die mehr als 500 tote Einkaufscenter vorstellt

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Kein Verkauf des Sedelhofareals

Die armen Ulmer Gemeinderäte. Sie wissen fast nichts und doch sollen sie eine Entscheidung treffen, die hier gerne als Jahrhundertentscheidung bezeichnet wird.

Seit  mehreren Jahren bereitet die Stadtverwaltung den Verkauf eines 9000 Quadratmeter großen Areals am Hauptbahnhof vor. Völlig intakte Gebäude wurden abgerissen, um das Grundstück geräumt an einen Investor veräußern zu können, darunter das in gutem Zustand befindliche und einträgliche Parkhaus Sedelhof.

2010 erstellte die Bauverwaltung ein Pflichtenheft, das Grundlage einer Ausschreibung war. Dort wird beschrieben, was verkauft und was vom zukünftigen Investor erwartet wird .

Angebote von Interessenten folgten, Verhandlungen, die Entscheidung fiel zugunsten des Investors MAB, Zugeständnisse durch Ulms OB Gönner, noch mehr Zugeständnisse mit katastrophalem Ergebnis: Im Januar 2014, kurz vor dem endgültigen Verkauf des Areals an  MAB, ist die Stadt Ulm von ihren Erwartungen in allen Punkten abgerückt, Gönner, Wetzig und Czisch wollen nur noch verkaufen, egal zu welchem Preis und mit welchen Folgen.

Neuer Eigentümer des Grundstückes in hervorragender Lage wird eine Firma, deren  Abwicklung seit langem beschlossene Sache ist. So sieht also verantwortungsvolle Planung im Ulmer Rathaus aus. Gönner, Wetzig und Czisch geben die Interessen der Stadt preis, weil sie keinen anderen Ausweg aus dem Schlamassel mehr sehen, in den sie die Stadt geführt haben. Ihre verhängnisvollen Irrtümer können sie nicht eingestehen aus Angst, das Gesicht zu verlieren.

Zu bedauern sind die Gemeinderäte, denen von Anfang an alle wichtigen Informationen vorenthalten wurden, die es erlaubt hätten, sich rechtzeitig ein eigenes Urteil zu bilden.

Mit Andeutungen, Halbwahrheiten und irreführenden Zahlen wurden sie von der Bauverwaltung gefüttert. Jetzt, wo es manchem doch zu bunt wird und er erkennt, dass er zum Narren gehalten wurde und mit großem Schaden für Ulm gerechnet werden muss, ist es fast zu spät.

Wer nochmaliges Nachdenken, weitere Beratungen über das Projekt oder gar eine Verschiebung einer Entscheidung fordert, bekommt die Keule unseres netten Oberbürgermeisters zu sehen: Komme es nicht zum Vertragsabschluss mit MAB durch Verschulden der Stadt, habe der Investor Anspruch auf eine horrende Entschädigung.

Wie hoch die Entschädigung sein wird, sagt Herr Gönner nie genau. Eine Drohung wirkt besser, wenn sie einiges im Nebel belässt. Nach unseren Informationen hat Herr Gönner auch in diesen Punkt bei den Verhandlungen mit MAB Development Deutschland GmbH versagt.

Weigert sich der potentielle Käufer MAB ohne Grund, einen Kaufvertrag über das Sedelhofgelände abzuschließen, muss er Ulm 6 Millionen Euro abzüglich aller Kosten bezahlen, die ihm bisher entstanden sind. Bis zu 4,5 Millionen Euro kann er dabei von der Entschädigungszahlung an die Stadt abziehen. Das heißt: MAB kommt im günstigen Fall mit 1,5 Millionen „Strafe“ davon. Ein lächerlich geringer Betrag für eine Tochterfirma der potenten holländischen Rabobank.

Kommt das Closing, also der Kaufvertragsabschluss, aus Gründen nicht zustande, die von der Stadt Ulm zu verantworten sind, erhält MAB eine Aufwandsentschädigung von 4,5 Millionen Euro.

Zum Schutz der Interessen der Stadt Ulm sollten die Gemeinderäte das Undenkbare tun und sich gegen ihren Oberbürgermeister stellen.

Die Unkosten, die MAB bisher durch die Planung des Projektes entstanden sind und die dem Investor beim Ausstieg zu erstatten wären, sind überschaubar. Die Folgen einer Sedelhofbebauung  sowie eines nicht beeinflussbaren Betreiberkonzeptes sind nicht zu überblicken und schon gar nicht in einem akzeptablen Zeitraum wieder zu beheben.

Deshalb bleibt nur, das Areal Sedelhof nicht an MAB zu verkaufen. Viele Ulmer hoffen, dass es genügend Gemeinderäte geben wird, die aus Vernunft und mit Schneid das Notwendige tun werden.

Werden diese Bürger sich wieder getäuscht sehen wie vor Jahren beim Verkauf des Ulmer Kanalnetzes an eine amerikanische Bank im sog. Cross-Border-Leasing-Geschäft, das Ulm langfristig bis zu 30 Millionen Verlust einbringen wird?

Die Kunst des Verhandelns

Wir alle mussten schon erleben, wie uns die Kontrolle beim Verhandeln und Feilschen allmählich entglitt. Beim Anmieten einer Wohnung, beim Kauf eines gebrauchten Pkws, beim Einkauf in den verwinkelten Gassen der Altstadt von Marrakesch. Wir hatten zu wenig Erfahrung, konnten unser Gegenüber nicht richtig einschätzen und nicht verbergen, dass wir das Objekt unseres Begehrens unbedingt haben wollten.In Zukunft wird Sie beim Verhandeln keiner mehr über den Tisch ziehen. Sie werden souverän in Verhandlungen jeder Art agieren und am Ende Ihre Interessen durchsetzen. Wie das? fragen Sie sich. Verhandeln kann jeder lernen!

In Ulm können Sie das bald an der Ivo-Gönner-Hochschule-für-Verhandlungskunst. Benannt wird diese Hochschule nach dem derzeitigen Ulmer Oberbürgermeister, der als wahrer Meister des Verhandelns gilt und deshalb auch erster Lehrstuhlinhaber werden wird. Bei ihm werden Sie lernen, wie man erfolgreich verhandelt. Legendär sind Gönners Verhandlungserfolge mit dem Investor MAB, der in Ulm eine Einkaufsgalerie errichten möchte.

Im Dezember 2010 formulierte  Gönner knallhart, was er von einem Investor erwartet, dem die Stadt ein 9300 qm großes Baugrundstück in exzellenter Lage direkt beim Hauptbahnhof verkauft:

1. Das Gelände ist teilweise bebaut, u.a. mit der städtischen Tiefgarage Sedelhof. Die auf dem Baugrundstück gelegenen Gebäude können auf eigene Kosten des Investors abgebrochen werden.

2. Das Kaufhaus Sport Sohn wird derzeit durch die Sedelhofgasse beliefert. Bei der Planung der Andienung ist zu berücksichtigen, dass die Belieferungen auch zukünftig uneingeschränkt möglich sein müssen.

3. Für die Firma McDonald s ist ein Anmietrecht für eine Mietfläche von ca. 400 qm vorzusehen. Der Mietpreis ist zu marktüblichen Konditionen abzuschließen.Bezüglich der künftigen Lage innerhalb des Projektes sind Vorzugskonditionen einzuräumen.

4. Ziel des Investorenwettbewerbs Sedelhöfe ist der Grundstücksverkauf und die Bauverpflichtung zur Errichtung und dem nachhaltigen Betrieb des zukünftigen Einkaufsviertels Sedelhöfe an eine verlässliche Partnerschaft aus Investor und Betreiber.

5. Hinsichtlich der Grunderwerbskosten sind vom Bieter für das Gesamtobjekt mindestens 39 Millionen € zu veranschlagen.

Interesse an dem Projekt zeigte MAB Development aus Frankfurt, ein Tochterunternehmen der Rabo Bank. Um die Sache – wie man so sagt – „in trockene Tücher“ zu bekommen, machte unser schlauer Fuchs Ivo Gönner in den Verhandlungen einige taktische Zugeständnisse, die sich Ende 2013 wie folgt darstellen:

1. Die Abrisskosten  mit Ausnahme des Abrisses der Kellergeschosse unter der Sedelhof-Tiefgarage übernimmt die Stadt Ulm.

2. Eine akzeptable Anlieferung des Kaufhauses Sportsohn wird auf Kosten der Stadt Ulm sichergestellt.

3. Alle Unkosten, die McDonalds durch den Umzug entstehen, trägt die Stadt Ulm.

4. Auf eine verlässliche Partnerschaft zwischen Investor und Betreiber verzichtet die Stadt Ulm. Dem Investor wird gestattet, die Sedelhof-Galerie zu verkaufen. Die Stadt lässt sich überraschen, wer die zukünftigen Betreiber der Shopping-Mall sein werden.

5. MAB bezahlt für das Gesamtobjekt 31 Millionen €.

Nur dem Laien scheint es so, als sei Ivo Gönner bei den Verhandlungen mit MAB eingeknickt und stünde am Ende ein Ergebnis, das zum großen Nachteil der Stadt Ulm sei. Dem kundigen Verhandlungstaktiker verrät eine genauere Betrachtung: hier kam ein genialer Schachzug der Verhandlungsführung zur Anwendung,  der im Fachjargon „Geben-ist-seliger-denn-nehmen-Trick“ genannt wird.

Die Absicht, die hinter der Verhandlungsführung Gönners stand, bezieht sich nicht alleine auf das Sedelhof-Projekt. Wer den Nutzen Ulms dauerhaft optimieren, hohe Steuereinnahmen erzielen und auch zukünftig Investoren in aller Welt von den einzigartigen Qualitäten Ulms überzeugen möchte, muss mit Nachdruck appellieren: „Kommt nach Ulm! Investiert!“ Und er muss glaubhaft machen: „Es ist mehr als lohnend! Hier trefft ihr auf eine kooperative Stadtverwaltung. So gute Bedingungen gibt es nirgendwo!“

Nun wissen Sie auch, verehrte Leser, warum Sie sich gleich morgen an der „Hochschule-für-Verhandlungskunst“ einschreiben sollten. Die Chance, sich von einem veritablen Könner in Verhandlungsstrategie und -taktik ausbilden zu lassen, wird Ihnen nur in der Donaumetropole geboten.

Neues aus Ulm

Generalstadtmarschall h.c. Gönner

Vor zahlreichen Gästen und bei militärischer Paradeaufstellung wurde Ulms Oberbürgermeister Ivo Gönner gestern in der Wilhelmsburgkaserne zum Generalstadtmarschall honoris causa ernannt. Wie der Befehlshaber des Ulmer Bundeswehrkommandos Generalleutnant Friedrich Wilhelm Zack in seiner Ansprache betonte, sei diese hohe Auszeichnung an den Kriegsdienstverweigerer Gönner verliehen worden, weil er in seinen Schwörmontagsreden stets in angemessener Form und Ausführlichkeit die bedeutende und unverzichtbare Rolle der Deutschen Streitmächte bei Auslandseinsätzen anspreche.
Nachdem das Heeresmusikkorps 10 Gönners Lieblingsmarsch „Der gute Kamerad“ gespielt hatte, dankte der neue Generalstadtmarschall h.c. für die Ernennung. In einer launigen Rede warf Gönner sodann die Frage auf, ob Erwin Rommel oder der „brave Soldat Schwejk“ jungen deutschen Soldaten bei ihren Auslandseinsätzen als Vorbild dienen könne.
Wie alle Ulmer Bürger sind wir vom DF mächtig stolz auf unseren Oberbürgermeister. Soweit uns bekannt, ist Ivo Gönner in Deutschland der erste Kriegsdienstverweigerer, dem eine so hohe Ehrung zuteil wurde. Herzlichen Glückwunsch, Generalstadtmarschall Ivo!

Sozialzeltsiedlung der UWS

Alle reden von einer zunehmenden Wohnungsknappheit unter Menschen mit geringem Einkommen. Die Ulmer Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft (UWS) handelt.
Nachdem eine Studie des Pestel-Instituts in Hannover zu dem Ergebnis gekommen ist, dass von den 7570 Haushalte, die in Ulm Anspruch auf eine Sozialwohnung haben, die meisten keine bezahlbare Wohnung bekommen können, wurde der Geschäftsführer der UWS Dr. Frank Pinsler sofort aktiv: Vor den Toren der Stadt soll eine schöne Zeltsiedlung für Ulmer mit geringem Einkommen entstehen.
„Jeder hat das Recht auf ein bezahlbares Wohnzelt“, sagte Dr. Pinsler. „Als gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft stehen wir da in der Pflicht.Dank unseres Modellprojektes Türmle ist die UWS in der Lage, die Zeltstadt mit dazu gehörender Infrastruktur in kürzester Zeit zu errichten und zu finanzieren“.
Zur Erinnerung: Im Ulmer Stadtteil Türmle werden zurzeit mehrere alte UWS-Gebäude, in denen sich ausnahmslos Sozialwohnungen befanden, abgerissen, nachdem zuvor allen Mietern gekündigt worden war. An selber Stelle entstehen nun größere Gebäude der UWS, die an zahlungskräftige Interessenten vermietet werden. Die höheren Mieteinnahmen ermöglichen die Errichtung der Sozialzeltsiedlung. Die gekündigten Mieter finden selbstverständlich auch wieder eine schöne Heimstatt: Sie ziehen in die Zeltsiedlung.
Eine wunderbare Idee. Vielen Dank, Herr Dr. Pinsler.

SPD und Sozialer Wohnungsbau

Während die meisten SPD-Gemeinderäte angesichts zunehmender Wohnungsknappheit noch in stiller Nachdenklichkeit verharren, ist der Ulmer SPD-Landtagsabgeordnete Rivoir bereits mit einem Vorschlag an die Öffentlichkeit getreten:
Auf einem Lehrerparkplatz am Südrand der Spitalhofschule nur wenige Schritte von der Neuen Mitte entfernt möchte er auf einem ca. 14 mal 16 Meter großen Grundstück ein Gebäude errichten, das Sozialwohnungen beherbergen soll.
Wie unser Stammtisch errechnete, würden 15 Gebäude dieser Grundfläche mit jeweils 100 Etagen ausreichen, um alle Wohnungssuchende Ulms mit geringem Einkommen unterzubringen. Ein ganz einzigartiger Vorschlag. Wieder einmal hat der SPD-Abgeordnete Rivoir seine außerordentlichen Fähigkeiten bei der Problemanalyse und pragmatischen Problemlösung unter Beweis gestellt. Solche Abgeordnete braucht unser Land. Vielen Dank, Herr Landtagsabgeordneter.

Glückwünsche an Obama

Seit 7.11.2012 steht fest: Barack Obama wird zum zweiten Mal zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt werden. Aus aller Welt trafen an diesem Tag die Telegramme mit Glückwünschen im Weiße Haus ein.
Oberbürgermeister Gönner arbeitet bis heute – wir schreiben den 16.11. – an der Ausformulierung seines Glückwunsches und erwägt zwischenzeitlich dem Vernehmen nach die Abfassung desselben in lateinischer Sprache. Warum, wird sich mancher fragen, braucht unser wortgewaltiger Ivo Gönner so lange. Unser Oberbürgermeister spricht leider kein Englisch. Da viele in der Stadt das vergessen haben, deshalb heute hier unser dringlicher Aufruf: Wenn jemand in Ulm Englisch sprechen und schreiben kann, möge er sich bitte umgehend auf dem Rathaus melden. Sie könnten der Ulmer Stadtverwaltung mit Ihrer Unterstützung einen großen Dienst erweisen. Denn wie sagte schon EU-Kommissar Günther Oettinger: „Everything hangs together“. Solange Ivo Gönner sein Telegramm nicht nach Washington geschickt hat, leiden die Amtsgeschäfte in Ulm.

Vielleicht hilft ja auch das Telekolleg Englisch

15.11.2012

Das Vetterntor

Sind sie nicht wunderbar – die beiden eben fertig gestellten Gebäude auf den Fotos? Von unverwechselbarer Form? Aus bezauberndem Material? Mit betörend schön gestalteten Fassaden? Kurzum von unwiderstehlichem Charme?

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Die konsequente architektonische Fortsetzung der Neuen Mitte, wie sie von Stefan Braunfels und Wolfram Wöhr unter Mitwirkung des Ulmer Baubürgermeisters Alexander Wetzig erschaffen wurde. Das eine Gebäude steht schräg gegenüber vom Ulmer Theater und trägt den klangvollen Namen Wengentor. Das andere befindet sich an der Kreuzung von Neuer Straße und Frauenstraße und ist leider noch ohne Namen.

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Napoleontor würde sich anbieten, da der französische Kaiser 1805, wie es heißt, hier mit seiner Kutsche vorbei gekommen sein soll. Auch Einsteintor wäre eine Option, da Albert Einstein nachweislich als Säugling im Kinderwagen hier von seiner Mutter spazieren gefahren wurde.

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Die Geschichte, wie es zum Bau des Wengentores kam

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2009 veranstaltete die Stadt Ulm eine Ausschreibung. Potenzielle Bauherrn und Architekten ihrer Wahl sollten Entwürfe vorlegen, wie sie sich die Bebauung eines Grundstückes vorstellten, das der Stadt gehörte.

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Acht Investoren nahmen am Ausschreibungsverfahren teil (sog. Gutachterverfahren), drei kamen zunächst in die engere Wahl. Baubürgermeister Wetzig und ein paar Mitglieder des Gemeinderates, die im zuständigen Ausschuss saßen, trafen einstimmig die Entscheidung: Bauen dürfen Christoph und Markus Botzenhart und deren Architekt Dr. Max Stemshorn.

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Die beiden Brüder waren in der Vergangenheit Gemeinderäte. Ihr Vater, Udo Botzenhart, wirkte über viele Jahre mit großem Einfluss und besten Beziehungen an der Ulmer Kommunalpolitik mit. Die meisten, die in der Bauverwaltung an entscheidender Stelle sitzen oder im Ausschuss über die Vergabe zu entscheiden hatten, sind persönlich mit der Söflinger Familie Botzenhart bekannt. Der Architekt Dr. Max Stemshorn war früher Referent des Ulmer Baubürgermeisters.

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Wetzig und die Ausschussmitglieder entschieden sich also beim Zuschlag für ihre Vettern Botzenhart und Stemshorn. Im November 2010 stimmte der Gemeinderat dem Satzungsbeschluss zu.

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Empört waren aber die Grünen. Sie kritisierten, dass der Gemeinderat an den Entscheidungen nicht angemessen beteiligt gewesen sei. Außerdem habe die endgültige Planung in „Grundriss, Form und Höhe“ nichts mehr mit dem ursprünglich bei der Ausschreibung eingereichten Entwurf zu tun.

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Produktivkraft Vetternwirtschaft

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Wir vom DF-Stammtisch finden überhaupt nichts Untadeliges an der Ulmer Vetternwirtschaft. Verdiente Ulmer müssen eine bevorzugte Behandlung genießen. Was sind schon der Verkauf eines städtischen Grundstückes und die großzügige Beurteilung eines Bauplanes in Anbetracht der Dienste, die die Familie Botzenhart der Stadt Ulm geleistet hat?

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Außerdem sollten wir nie vergessen, wie segensreich sich der Botzenhart-Neubau auf die lokale und regionale Wirtschaft auswirkt. Arbeitsplätze entstehen. Umsätze werden generiert. Gewerbesteuer fließt der Stadt zu. Sie sehen, verehrte Leser, es gibt unzählige Gründe, das Bauprojekt der Familie Botzenhart durch die Stadt Ulm zu fördern.

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Gehen wir mutig einen Schritt weiter. Setzen wir ein Zeichen. Bekennen wir uns zur Vetternwirtschaft. Vetternwirtschaft muss vom schlechten Beigeschmack befreit werden. Als erfahrene Praktizierende einer produktiven Vetternwirtschaft sollten Ulmer vorangehen.

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Nennen wir das neue Gebäude doch einfach „Vetterntor“.

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 /18.12.2013

Alter Friedhof & Dialog mit dem Bürger

oder: Verwirrt und orientierungslos

Der Polizeibericht von heute enthält eine äußerst interessante Geschichte über zwei Herren, die in der Morgendämmerung von einer motorisierten Polizeistreife in „hilflosem Zustand“im Alten Friedhof aufgegriffen und zur medizinischen Versorgung in die Universitätsklinik Ulm gebracht wurden. Wir zitieren aus dem Polizeibericht:

Bei unserer morgendlichen Routinefahrt durch den Alten Friedhof hörten wir bei herabgelassenem Seitenfenster ein leises Schluchzen und Wimmern hinter einem mächtigen Grabstein. Wir verständigten sofort die Zentrale, stiegen aus unserem Dienstfahrzeug und näherten uns vorsichtig.

Hinter dem Grabmal sahen wir zwei ca. 50 bis 70 Jahre alte Männer, der eine auf Knien, der andere flach auf dem Boden liegend. Beide Personen weinten laut vernehmlich, ihre Kleidung von bester Qualität war stark verschmutzt, überhaupt befanden sie sich in einem erbärmliche Zustand. Mein Kollege verständigte sofort den medizinischen Rettungsdienst, ich sprach unterdessen die hilflosen Männer an und erkundigte mich nach ihrem Befinden.

Während einer der Aufgegriffenen zu keiner verständlichen Äußerung mehr fähig war und fortwährend unter Schüttelkrämpfen in lautes Wehklagen und Schluchzen verfiel, erlangte der zweite schnell die Beherrschung und machte in tadelloser deutscher Sprache Angaben. Danach ergab sich folgendes Geschehen:

Die beiden Herren hatten am späten Abend des vorhergehenden Tages den Alten Friedhof betreten und nach einem Spaziergang und einer anregenden Unterhaltung über Philosophie und moderne Stadtplanung die Orientierung verloren. So sehr sie sich auch bemühten, es gelang ihnen nicht mehr, aus dem Park heraus zu finden. In den zahllosen kleinen Wegen und der absoluten Unübersichtlichkeit des verwinkelten Riesenparks sah der Befragte den Grund für die nächtliche Orientierungslosigkeit. Als wir die beiden hilflosen Männer um Angaben zur Person baten, antwortete mein Gegenüber: „Ich bin der Baubürgermeister Alexander Wetzig und der Herr auf Knien ist Christian Giers, der Leiter der Abteilung Grünflächen bei der Stadt Ulm.“

Mein Kollege und ich entschlossen uns daraufhin, erneut Kontakt zum Rettungsdienst aufzunehmen und dort zur Unterstützung zusätzlichen einen Facharzt für Psychiatrie anzufordern.“

Wir vom DF möchten diese wahre Begebenheit und fast tägliche Vorfälle, bei denen alte Mitbürger aus dem nahe gelegenen Elisa-Stift in der undurchdringlichen Wildnis des Alten Friedhofs verschwinden, zum Anlass nehmen, um nochmals eindringlich den Herrn Baubürgermeister Wetzig aufzufordern:

– Gestalten Sie den Alten Friedhof endlich zeitgemäß um!
Weg mit den vielen kleinen, verwinkelten Nebenwegen! Ein Rundweg, auf dem sich niemand verlaufen kann, genügt.

-Vor allem älteren Mitbürgerinnen und Mitbürgern sollte durch eine schön asphaltierte Bahn die Gelegenheit zum Biken und Skaten gegeben werden!

-Reißen Sie endlich die abscheulichen und trennenden Mauern und Tore ein, die den Park von den angrenzenden Straßen abtrennen. Freier Parkeinblick für jedermann!

-Nieder mit den Bäumen! Eine riesige Grünfläche inmitten des Alten Friedhofes würde es auch ermöglichen, dass die Senioren des nahegelegenen Stiftes sich täglich an wilden Ballspiele jeder Art auf großen Spielfeldern erfreuen können.

Bürgerbeteiligung und Bürgerverachtung

Am 30.5. 2012 kamen der Herr Baubürgermeister Alexander Wetzig und der Grünflächenplaner Christian Giers in den Alten Friedhof, um den Anwohnern ihre Pläne zur Umgestaltung des Parks vorzustellen und mit den Bürgern in einen „Dialog“ zu treten. Die erschienen Bürger waren laut Bericht der Lokalzeitung entsetzt über die Vorstellungen der Ulmer Stadtverwaltung, trugen aber ihre Einwände dennoch relativ sachlich vor.

Direkt am Park gelegen befindet sich eine Seniorenresidenz. Für viele der dort lebenden alten Menschen ist der Alte Friedhof die einzige Gelegenheit, einen Spaziergang in einem naturnahen Park zu machen. Die Pläne Wetzigs und Giers müssen diesen Menschen äußerst befremdlich vorkommen.

Vorschläge und vorgetragenen Begründungen für eine „Umgestaltung“ des Alten Friedhofs zeigen, dass die Verwaltung weit weg von Bürgern agiert und im „Dialog“ mit ihnen auch noch den gehörigen Respekt vermissen lässt, der Grundlage jeder Bürgerbeteiligung sein muss.

Tasächlich sagte Herr Giers auf die Frage, warum die vielen kleinen Wege in dem übersichtlichen Park beseitigt werden sollen: „Weil man sich dann besser orientieren kann“.

Wer solche Argumente vorträgt, zeigt, dass er sein Gegenüber für einen kompletten Deppen hält.

31.5.2012