Albrecht Berblinger(1770-1829) ist zu Recht ein berühmter Sohn Ulms, der als „Schneider von Ulm“ zur literarischen Gestalt wurde. Mit sechs Geschwistern aufgewachsen landete der Dreizehnjährige nach dem Tod des Vaters im Waisenhaus, erlernte den Schneiderberuf und wurde zum Erfinder und Flugpionier. Zeit Lebens verkannt starb er mit 59 Jahren im Ulmer Spital an Auszehrung. Eine von Berblingers Erfindungen war ein Hängegleiter, mit dem er im Mai 1811 in Anwesenheit des württembergischen Königs die Donau überqueren wollte. Der Versuch misslang wegen ungünstiger Thermik an der Adlerbastei, der geniale Mann wurde zum Gespött des einfältigen Pöbels.
Im Mai 2011 möchte die Stadt Ulm an Berblingers Flugversuch erinnern. Doch Bescheidenheit und Augenmaß sind im Ulmer Rathaus unbekannt. Dort haben Vermarkter und Marketingstrategen das Sagen. Für 800.000 Euro soll auf dem Heeresflughafen bei Laupheim ein Spektakel inszeniert werden, um die Welt auf die Donaumetropole Ulm aufmerksam zu machen: ein Flugwettbewerb mit „innovativem, umweltfreundlichen und zukunftsträchtigem Fluggerät“.
Albrecht Berblinger, der Prothesen für Bein- und Fussamputierte konstruierte und mit Ideen der Jakobiner sympathisierte, würde sich im Grabe drehen, wenn er erführe, dass nur elf Ulmer Gemeinderäte (alle Grünen, der eine Linke, einige Räte der CDU) gegen diese Verschwendung und Protzerei gestimmt haben. 27 Narren stellten unter Beweis, dass ihnen kritisches Denken und verantwortliches Handeln fremd sind. Zu ihnen gesellte sich der Journalist Thierer, der am 16.10.2009 in der SWP titelte: „Ulm lässt sich seinen Berblinger etwas kosten“.
Als Kopfbedeckung für alle Räte, die dem Laupheimer Flugspektakel und damit der Vergeudung von 800.000 Euro zugestimmt haben, schlagen wir vom DF-Stammtisch eine schmucke und preiswerte Narrenkappe vor. Sie könnte bei offiziellen Anlässe (Flugtage und Schwörmontag z.B.) getragen werden. Vielleicht ließe sich über das Ulmer Rathaus sogar eine preiswerte Sammelbestellung organisieren.
…und nun die schlechten Nachrichten
800.000 Euro für eine dufte Flugshow müssen finanziert werden. Deshalb beschlossen gewählte Vertreter folgende Kürzungen:
– Am 28.6.2009 schlägt die Ulmer Sozialbürgermeisterin Mayer-Dölle dem Jugendhilfeausschuss vor, die Stelle einer Jugendberufsberaterin zu streichen. Mit sechs anderen Schulsozialarbeitern war es ihre Aufgabe, Jugendliche aus der Hauptschule bei der Ausbildungsplatzsuche zu beraten. Der Jugendhilfeausschuss stimmt zu, die Stelle der Frau, die für die Caritas arbeitet, zu streichen. Ersparnis: 42.000 Euro jährlich.
– Im Oktober beschließt der Kulturausschuss, die Stadtteilbibliothek im Ulmer Stadtteil Böfingen zu schließen. Sie wird vor allem von Kindern und Jugendlichen aus schlecht situierten Familien besucht, etliche davon stammen aus Migrantenfamilien. Ersparnis: 130.000 Euro minus x
– Herr Semmler, Leiter der Abteilung Bildung / Schule im Ulmer Rathaus, schlägt vor, das Lehrschwimmbecken in der Schaffnerschule zu schließen. Dort lernen Grundschüler schwimmen. Die Stadt Ulm sah 10 Jahre lang untätig zu, wie das Bad verkam. Jetzt hält sie die Sanierungskosten für zu hoch. Ersparnis: 700.000 Euro
21.10.2009