Ergebnisse
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Erstes virtuelles Gasthaus in Ulm
Überzeugt
Diese Kampagne der Südwest Presse hat uns von den letzten Zweifeln befreit und davon überzeugt, sowohl zur Wahl des Europaparlaments als auch des Gemeinderates zu gehen. In der Lokalzeitung vom Dienstag kamen neben ein paar Prominenten etliche Passanten zu Wort. Sie gaben Antwort auf die Frage, ob sie wählen gingen.
Von 35 Befragten bekannte sich nur eine junge Frau dazu,nicht wählen zu gehen. Ein nicht mehr junger Herr meinte, er wähle zwar, aber ungültig, um auf diese Weise gegen Geldverschwendung in der EU zu protestieren. Beinahe subversiv (aber geistvoll) äußerte sich der Pressesprecher des Landgerichts Ulm Stefan Adamski. Er geht wählen, weil „Entenfütterungsverbote in Europa einheitlich geregelt werden sollten“.
Die Prominenten antworteten brav wie Schüler, die vom Lehrer abgefragt werden.
Alle gehen sie wählen, weil wählen ein Grundrecht sei, Europa nicht den Protestwählern überlassen werden dürfe, man aktiv mitgestalten müsse, das Wahllokal aufzusuchen Pflicht sei, man Europa liebe. Die meisten Zweifler wird so braves und so einfältiges Herbeten bekannter Floskeln wohl nicht veranlassen, auf den Sonntagsausflug zu verzichten und stattdessen ins Wahllokal zu gehen.
Einigen Passanten ist auf die Frage der Journalisten Besseres eingefallen.
Parteien seien zwar zu ähnlich, eine Wahlbeteiligung aber trotzdem sinnvoll; der Nationalstaat sei am Ende, nur ein vereintes Europa eine Alternative; wenigstens könne man die Richtung etwas beeinflussen, ein weiteres Zusammenwachsen europäischer Staaten banne Kriegsgefahr; der undemokratischen EU-Kommission müsse ein mächtiges Parlament gegenüberstehen…
Ja, wir gehen wählen, klar. Aber wen? Da wird s schwierig.
Jean-Claude Juncker,die Galionsfigur der Konservativen, der vor kurzem sagte. „Wenn es ernst wird, muss man lügen“?
Den Sozialdemokraten Martin Schulz, der in der Finanzkrise Eurobonds befürwortete, also gemeinsame europäische Staatsanleihen?
Daniel Cohn-Bendit, der als EU-Parlamentarier immer noch meint, er habe mit seinen befürwortenden Äußerungen zur Pädophilie vor etlichen Jahren nichts Falsches getan, sei nur missverstanden worden?
Sicher ist, dass wir den Blödmann nicht wählen werden, der für die europaweite Einführung der quecksilberhaltige Energiesparlampe sorgte, die unterm Strich keine Energieeinsparung bringt, sondern nur giftigen Sondermüll.
Leichter fällt uns die Wahl der Gemeinderäte in Ulm. Ganz oben auf unserer Favoritenliste die Kandidaten der FDP.
Die Ulmer FDP wurde bekanntlich vor wenigen Tagen an den Scheich Hamad Bin Jassim Bin Jabor Al-Thani verkauft (was im Schatten des großen Deals mit der Deutschen Bank kaum Beachtung fand). Sie fragen sich, verehrte Leser: Was will ein mächtiger Mann aus dem Emirat Katar mit der FDP, die nicht einmal mehr im Bundestag vertreten ist?
Ganz einfach: Er sucht rentable Anlagemöglichkeiten: die Stadtwerke Ulm, die Universitätsklinik, die Wissenschaftsstadt, die Ulmer Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft.Es ist allemal günstiger, die Ulmer FDP zu erwerben als einen geschulten Lobbyisten mit der Wahrnehmung der Interessen zu beauftragen. Wird die FDP für den Scheich aktiv, kann das nur zum Vorteil der Stadt sein: mehr Wachstum, mehr Arbeitsplätze, mehr Gewerbesteuer, schlanker Staat, schlanke Kommune usw. Deshalb können die FDP-Kandidaten auf alle Fälle mit unserer Stimme rechnen.
Drei unserer Stimmen erhält auch der Kandidat der Ulmer Linken Remo Fazzini; er kandidiert auf Platz 8 und wir sind beeindruckt von seinem Mut, auch im Wahlkampf unangenehme Themen anzusprechen. Unmissverständlich formuliert Remo Fazzini;: ich fordere eine menschenwürdige Beisetzung für alle Bürgerinnen und Bürger von Ulm.Verbrennung nur auf eigenen Wunsch, ansonsten Erdbestattung mit Sarg, Gedenkstein oder –kreuz. Die Stadt Ulm soll die Kosten hierfür voll tragen.
Ebenfalls drei Stimmen erhält Markus Kienle von uns, der bei den Grünen auf Platz 40 kandidiert. Er ist der einzige Kandidat in ganz Baden-Württemberg, der sich aufstellen ließ, um nicht gewählt zu werden. Als städtischer Angestellter ist es ihm verboten, Gemeinderat zu werden. Deshalb sagt er heute in der Lokalzeitung, dass er im Falle seiner Wahl das Mandat ablehne werde. Wir vom DF denken, dass solche Menschen durch unkonventionelle Verhaltensweisen die politische Bühne sehr bereichern und deshalb unsere volle Unterstützung verdienen.
Tja, und nach all diesen komplexen Überlegungen ist Entspannung vonnöten. Die einzige Gruppierung, die hierzu im Ulmer Wahlkampf konkrete Forderungen erhebt, ist die offene Liste Ulm hoch drei. Sie verlangt in ihrem Programm unter dem Stichwort „Tolerante Gesellschaft“ die Einführung des Cannabis Social Club. Hier soll sich jeder unter Aufsicht und mit wissenschaftlicher Begleitung in gelöste Stimmung versetzen können. Diese Idee ist uns ebenfalls drei kumulierte Stimmen wert.
Die freien Wähler in Ulm. Hier mit ihrem geistigen und politischen Vater, dem unlängst verstorbenen Udo Botzenhart (rechts). Was uns besonders an den Freien Wählern gefällt: Ihre Unabhängigkeit. Ihr Individualismus. Ihre Unbeugsamkeit. Ihr Ideenreichtum. Ihre unermüdliche Tatkraft.
Kaderschmiede SPD
Gibt es bei Parteien auch psychopathologische Symptome? Eine Therapie? Jemand, der behauptet, Napoleon, Jesus, Zarah Leander oder Batman zu sein, wird mit dieser Masche nicht lange durchkommen und bald in der Klapsmühle landen.
Aber wie steht es mit der Ulmer SPD? Darf die für den Gemeinderat kandidieren? Ist der Oberbürgermeister Ulms über den Zustand dieser Partei informiert? Was sagt die Gemeindeordnung zum Fall einer unzurechnungsfähigen Partei? Bleibt ihr eine Zwangseinweisung erspart?
In ihrem Wahlprogramm behauptet die SPD,
Ulm habe sich in den vergangenen Jahrzehnten großartig entwickelt. Die SPD, sei an dieser Entwicklung maßgeblich beteiligt. Sie wolle Bedingungen schaffen, dass sich die Stadt in der Tradition großer Erfinder und Gründer des Industriezeitalters zur Gründerstadt des 21. Jahrhunderts entwickle. Unverkennbar handelt es sich um einen typischen Fall von Größenwahn.
Weiter heißt es,
die SPD wünsche sich eine neue Anerkennungskultur für Kulturschaffende und verlange, dass die Stadt sich als Ermöglichungsstadt für die Kultur verstehen solle. Die Schaffung von Ermöglichungsorten für freie Kreative zu verträglichen Mieten sei Ziel der SPD. Das Museum sei ein Flaggschiff für das künstlerische und historische Erbe von Stadt und Region. Eine konsequente Durchgrünung der Stadt wird von der SPD angestrebt und erklärt, dass am Aufbau einer Willkommenskultur für das internationale Ulm gearbeitet werde. Unsere Diagnose: Sprachdiarroe.
Ist eine Partei, die ihre Rolle und Bedeutung so verkennt, deren Aktivisten eine solche Sprache sprechen, nicht reif für die Begrüßungskultur einer Anstalt? Für eine konsequente Durchlüftung ihres Bürokratenschädels? Für einen Ermöglichungsort abseits des Gemeinderates?
Die SPD im Kreis zählt knapp 350 Mitglieder. Aber sie hält sich für eine wichtige politische Kraft. Stadtrat Rivoir – gleichzeitig Landtagsabgeordneter – glaubt, dass er Politik mache, wenn er möglichst viele Anfragen an die Landesregierung richtet und die Lokalpresse mit unzähligen Statements versorgt. Die Ulmer Sozialdemokraten wollen Kaderschmiede sein, bringen aber nur Leute hervor, die gar nicht bemerkt werden, oder Stümper, die den SSV Ulm und den ASB zugrunde richten und auch weiterhin für ihre Partei kandidieren.
Ein aussichtsloser Fall?
Hoffnung schöpfen wir aus der Tatsache, dass jetzt Professor Dr. Albert Ludoph für die SPD kandidiert. Als Neurologe wird er bald herausgefunden haben, unter welcher Krankheit die Ulmer SPD leidet. Von der schonungslosen Diagnose bis zur Therapie ist es nur ein kleiner Schritt. Ein vorübergehender Aufenthalt in Schussenried wird Herrn Rivoir und seine Gehilfen aber wohl nicht erspart bleiben, da Größenwahn und Sprachdiarroe in fortgeschrittenem Stadium ambulant nicht behandelt werden können.
Ein Trost: In der Zeit, in der die SPD nicht als maßgebliche Kraft in Ulm wird wirken können, geht in der Stadt gewiss alles seinen gewohnten Gang.
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Wie Sie, verehrte Leser, bemerkt haben werden, stammt das zweite Wahlplakat mit Herrn Rivoir nicht aus dem gegenwärtigen Kommunalwahlkampf. Wir haben uns erlaubt, ein wenig in die Zukunft zu schauen. 2019 wird das Wahlplakat voraussichtlich einsetzbar sein.
Mit diesem Video warb das dänische Parlament für eine Teilnehme an der Europaparlamentswahl am 25.5.2014.
Jetzt wurde es zurückgezogen. Es sei eines der „plattesten und herablassendsten Videos“, die er je gesehen habe, kommentierte der Parteichef der Liberalen Allianz, Anders Samuelsen. Özlem Cekic von der Sozialistischen Volkspartei meinte: „Peinlich“. Frauen würden als Sexobjekte dargestellt, ein gewalttätiger Mann als Held, das Parlament sei tief gesunken.
Die Angst vor Wahlenthaltung muss bei Parlamentariern sehr ausgeprägt sein, wenn sie so provozierende und umstrittene Mittel einsetzen, um für eine Wahlbeteiligung zu werben.
Das EU-Parlament wurde von 1979 bis 2009 insgesamt siebenmal gewählt, dabei sank die Wahlbeteiligung von 62 % 1979 (Deutschland 66 %) auf 43 % 2009 (Deutschland 43%).
Eine beängstigende Entwicklung. Auch in Ulm? Ja. Während 1979 62 Prozent der Ulmer Wähler bei der EU-Wahl ihre Stimme abgaben, waren es bei der letzten Wahl 2009 noch 48 Prozent.
Grün – die prägende Kraft
Sie ließen unsere Träume wahr werden. In drei Jahrzehnten politischer Arbeit veränderten die Ulmer Grünen die Donaustadt. Ein Klima aufgeklärten Denkens und der Toleranz entstand. Oberbürgermeister und Verwaltung informieren heute den Bürger über alle Vorhaben rechtzeitig, sie hören und beteiligen ihn. Bei allen wichtigen Zukunftsentscheidungen – dem Bau neuer Gebäude im Zentrum Ulms und am Hauptbahnhof, der Ansiedlung neuer Shopping Center, den Aktivitäten städtischer Unternehmen wie SWU und UWS, den Planungen für den Öffentlichen Personen Nahverkehr – ist der Wille des Bürgers erkennbar. Das alles verdanken wir den Grünen.
Gut. Manchmal gibt es noch Rückschläge.
Wenn Stadträte der FWG und der FDP z.B. verlangen, dass alle Ulmer Gemeinderäte, die gegen Stuttgart 21 sind, bestraft werden müssten, weil sie den Interessen Ulms schadeten. Hier ist noch ein wenig Intoleranz erkennbar.
Oder wenn ein ganzes Areal am Hauptbahnhof in geheimen Verträgen nach Geheimverhandlungen an einen Investor verkauft wird und selbst gewählte Räte zu lange darüber nichts Genaues wissen. Da fehlt es noch etwas an Bürgerbeteiligung.
Oder wenn der Chef der Stadtwerke Berz Millionen in unrentable Kraftwerke investiert und damit das Unternehmen in die roten Zahlen bringt, während die Stadträte gar nicht mitbekommen, dass die SWU am Rand des Ruins stehen. Da vermisst der neutrale Beobachter noch etwas Transparenz.
Aber sonst. Alles bestens in Ulm Dank der beharrlichen Arbeit der Grünen., die häufig in ihrem politischen Wirken nach dem einfachen Grundsatz verfahren: Wir sind fast immer dafür und gleichzeitig dagegen. Beispielhaft die Ansiedlung des völlig überflüssigen Einkaufscenters Sedelhöfe am Hauptbahhof. Einerseits wird es befürwortet, andererseits verweigert man die Zustimmung, weil „die aktuell vorliegende Lösung noch nicht ausreichend erschließungsoptimiert“ sei.
Als wir neulich von den Plänen der Stuttgarter Landesregierung erfuhren, im neuen Bildungsplan für allgemeinbildende Schulen die „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ zu verankern, waren wir vom DF-Stammtisch etwas skeptisch. Wird da nicht übertrieben? Wir halten die Toleranz sexueller Orientierungen und die Ablehnung von Diskriminierung für selbstverständlich. Aber müssen sich deswegen gleich etliche Schulfächer mit Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern, Transsexuellen und Intersexuellen beschäftigen?
Das Wahlplakat der Ulmer Grünen erreichte uns gerade rechtzeitig.Gewiss wird es konservative Wähler wieder versöhnen. Sehen die Kandidatinnen und Kandidaten auf dem Plakat nicht wie glückliche Ehepaare aus? Dabei hatten wir vom Stammtisch schon erwogen, die Grünen in ihrem Bemühen zu unterstützen, in allen Lebensbereichen die menschlichen Sexualität zu thematisieren. Unsere Forderung nach Einführung einer Schwulen- und Lesbenquote im Ulmer Gemeinderat sparen wir uns jetzt eben für den Wahlkampf 2019 auf.
Diesmal schließen wir uns der Forderung der jungen Grünen nach Errichtung öffentlicher Toiletten am Donauufer an. Allerdings ergänzt um die Bitte, unser verehrter Baubürgermeister Wetzig möge sich selbst um die künstlerische Gestaltung der Latrinen kümmern. Vielleicht könnte das Annette Weinreich von den Grünen in die Wege leiten, die von Wetzigs ästhetischen Vorstellungen begeistert scheint.
Greisenpower
Gegenwärtig liegt das Durchschnittsalter der CDU-Gemeinderatsfraktion in Ulm bei 60 Jahren. Die aktivsten Fraktionsmitglieder sind ein Augenarzt a.D. (70), ein Rektor a.D. (78) und ein Ingenieur a.D. und Kreisjägermeister honoris causa (81). Der Versuch, die Fraktion zu verjüngen, schlug fehl: zwei 2009 gewählte Kandidaten, die unter 30 sind, wollen in Ulm keine Kommunalpolitik mehr machen.
Der Youngster in der Rentnermannschaft der Rathausfraktion ist deshalb mit beinahe 50 Jahren Rechtsanwalt Dr. Thomas Kienle. Er leidet unter Überlastung. Politisches Ehrenamt ist schwer mit dem Beruf zu vereinbaren. Da kommt es schon mal vor, dass Herr Dr. Kienle mehrere Sitzungen in einem Ausschuss des Gemeinderates zubringt, dem er gar nicht angehört.
Andererseits ist Kienles Horizont nicht aufs Lokale verengt. Erst jüngst schimpfte er auf das Urteil des Verwaltungsgerichts, das die Aberkennung von Schavans Doktortitel durch die Universität Düsseldorf für rechtens erklärte hatte. Dr. Kienle meinte, dass in NRW politische Justiz praktiziert werde. Wir vom DF rieben uns verwundert die Augen: So radikale Kritik an der deutschen Justiz haben wir seit der Studentenrevolte 1968 nicht mehr vernommen, und dies aus dem berufenen Mund eines Rechtsanwaltes, der Mitglied der CDU ist.
Die Ulmer CDU hat Glaubwürdigkeitsprobleme. Sie vergreist und der Nachwuchs fehlt. Außerdem muss sie Personal für wichtige Ämter importieren. Ja, wo gibt es denn so etwas?
Annette Schavan kam 2005 nach Ulm und ließ sich in den Bundestag wählen. Sie glauben nicht, verehrte Leser, wie sehr Stadt, Umgebung und Menschen Frau Schavan in dieser Zeit ans Herz gewachsen sind! Deshalb kandidierte sie im September letzten Jahres wieder für ihre Ulmer, wurde gewählt – und legt jetzt das Mandat nieder, weil ihr durch Berliner Vettern das Pöstchen des Botschafters beim Vatikan in Rom verschafft wurde. Deutlicher kann man dem Wähler nicht sagen, wie gering man ihn schätzt.
Während die Greisenpower im Ulmer Gemeinderat sich leidenschaftlich Nebensächlichem zuwendet und das Wesentliche übersieht oder zumindest in der Öffentlichkeit nicht darüber spricht, steht der kommende Mann der CDU im Hintergrund bereit. Gunter Czisch, 51 Jahre alt, seit 14 Jahren Finanzbürgermeister, wird in wenigen Jahren, wenn Ivo Gönner altershalber gegen seinen Willen aus dem Rathaus entfernt werden muss, im Chefsessel Platz nehmen. Czisch ziert sich verschämt, wenn er nach seinen politischen Absichten gefragt wird. Aber die Spatzen pfeifen es von allen Dächern: er wird OB-Kandidat. Konkurrenz aus der eigenen oder einer anderen Partei muss er nicht fürchten – weit und breit nur blasse Gestalten, soweit das Auge reicht, und betagte Rentner, die zur Freude ihrer Angehörigen einer netten Freizeitbeschäftigung nachgehen, indem sie sich regelmäßig auf ein politisches Schwätzchen mit dem Herrn Oberbürgermeister im Rathaus treffen.
Programmatik und Pragmatismus
Die FWG ist in Ulm traditionell stark. Fast jeder Stadtteil hat seinen eigenen Club: die UVL, die UWS, die WWG, die FWG. Wir vom DF plädieren dafür, die Zellteilung noch weiter voranzutreiben: jede Ulmer Straße, jeder Wohnblock sollte über eine eigene Gruppe Freie Wähler verfügen. Für andere Parteien gäbe es dann im Gemeinderat keinen Platz mehr. Die volonte de tous wäre identisch mit der volonte generale. Ulm – das nur nebenbei – wird aber wohl einen anderen Weg gehen: CDU, SPD, Grüne und FDP sind auf dem besten Weg, sich allmählich in Freie Wählergruppen zu verwandeln.
Im Rat schließen sich die getrennt marschierenden Oberlehrer, Ärzte, Apotheker, Regisseure, Bankangestellte und Handwerksmeister zu einer Fraktion zusammen und dienen dort – in vorbildlicher Weise – unserem Oberbürgermeister Gönner und der Stadtverwaltung (vielleicht auch – im einen oder anderen Fall – ihren eigenen Interessen).
Das Programm der Freien Wähler, das ihre kommunalpolitische Ziele formuliert, ist kurz und prägnant: Wir sind für alles, was dem Wirtschaftsstandort Ulm und unseren eigenen Geschäften nützt. Sollte es Zielkonflikte zwischen Handels- und Wirtschaftsinteressen einerseits und den Vorschlägen unseres verehrten Oberbürgermeisters geben, sind wir für die Unterstützung unseres Oberbürgermeisters.
Die Bedeutung von Programmen wird durch die Freien Wähler nicht hoch eingeschätzt. Sie halten es eher mit dem Pragmatismus oder, wie man auch sagt, mit der Politik des Muddling through.
Bedauerlicherweise waren die Freien Wähler im diesjährigen Wahlkampf gezwungen, einen Großteil ihrer Plakate in der Stadt abzuhängen, weil diese nicht den selbst beschlossenen Regeln für Plakatformate im Wahlkampf entsprachen ( Erlaubt sind in Ulm nur Plakate bis zu einer Größe von DIN A 1. Die Wahlplakate der FWG hatten die Größe DIN A 0).
Kein Problem: Als alte Unterstützer wichtiger Persönlichkeiten der FWG (Insider nennen uns gelegentlich auch den FDF, also den Freien DonauFisch ) hat unser Stammtisch neue Plakate hergestellt, die wir hiermit der Öffentlichkeit vorstellen.
Staatsbürgerliche Aufklärungspflicht
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Am 25.Mai ist es soweit. Die Ulmer dürfen wählen, neben dem Europaparlament den Gemeinderat. Die Volkssouveränität ist für Augenblicke bei uns, beim Volk. Nach der Stimmabgabe treten wir sie erleichtert wieder an kompetente Volksvertreter ab, damit sie fortan zum Wohl des Ganzen entscheiden. Wir beschränkte Bürgern sind wegen Informationsdefiziten und egoistischer Interessen dazu nicht in der Lage.
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Manchem fällt es schwer, zwischen den vielen Kandidaten für den Gemeinderat zu wählen. Es macht Mühe, die programmatischen Unterschiede zwischen Kandidaten und Parteien zu erkennen. Der Donaufisch will Hilfe leisten.
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Unserer staatsbürgerlichen Pflicht nachkommend geben wir in mehreren Beiträgen Erklärungen zur Kommunalwahl in Ulm. Einen Anspruch auf systematische und umfassende Erläuterung haben wir nicht. Uns treibt das Bemühen, mit einigen Vorurteilen aufzuräumen und der sog. Wahlmüdigkeit entgegenzuwirken. Zum Beispiel werden wir einige infame Behauptungen widerlegen:
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der Gemeinderat habe gegenüber Oberbürgermeister und Verwaltung nichts zu melden;
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Gemeinderäte verlören sich meist im Streit über Nebensächliches, während Vorstellungen der Verwaltung zum Grundsätzlichen kritiklos akzeptiert würden;
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Persönliche Eitelkeit, Geltungssucht, Faulheit und Einfalt gewählter Räte würden oft verhindern, dass die Stadtverwaltung Gemeinderäte als ernstzunehmende Kontrollinstanz sieht;
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die Verquickung persönlicher geschäftlicher Interesse etlicher Gemeinderäte mit ihrem Ehrenamt führe zu einem Verlust an Glaubwürdigkeit der Mandatsträger.
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Alles zusammen bewirke – neben politischem Desinteresse – ständig sinkende Wahlbeteiligung.
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Diese lag bei der Ulmer Gemeinderatswahl 2009 bei 46 Prozent. Bei der letzten Wahl Gönners zum OB am 2.12.2007 gingen 43 % zur Wahl, von 83.100 also nur 35.770 Wähler. Bei der OB-Wahl in Neu-Ulm am 16.3.2014 sank die Wahlbeteiligung auf 38 Prozent. Wann werden die ersten Wahlen wegen zu geringer Wahlbeteiligung für ungültig erklärt?
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Die Stichwahl am 30.3.2014 erbrachte folgendes Ergebnis:
Von 41.938 Wahlberechtigten beteiligten sich an der Stichwahl 34,3 %. Das sind 14.384 Wähler.
50,3 % stimmten für Gerold Noerenberg, also 7.208 Wähler; 49,7 % für Detlef Kroeger, das sind 7.108 Wähler. Ungültig stimmten 68 Wähler.
100 Stimmen entschieden darüber, wer neuer OB Neu-Ulms sein wird.
Am kommenden Sonntag entscheiden Neu-Ulms Bürger , wer OB ihrer Stadt sein wird – Gerold Noerenberg oder Detlef Kröger.
Auf dem Höhepunkt des Wahlkampfes richtete der Leiter des größten Neu-Ulmer Theaters einen Aufruf an alle Kulturinteressierte und Intellektuelle, sie mögen doch bitte wie er für den CSU-Mann Noerenberg votieren. Gerüchten zufolge werden nach dieser beherzten Parteinahme und nach einer Wiederwahl Noerenbergs die städtischen Zuschüsse von jährlichen 115.000 € auf 1.000.000 für das Theater Neu-Ulm erhöht. Ob die Zuschüsse des Landes Bayern (33.000 € p.a.) ebenfalls erhöht werden, ist bisher unbekannt.
Der umtriebige SPD-Mann Karl-Martin Wöhner erprobte seit Jahren verschiedene Wege zur Macht. Oberbürgermeister wollte er werden, Landtagsabgeordneter. Jetzt versucht er sich als Strippenzieher. Wöhner richtete einen Appell an den Genossen Oberbürgermeister in Ulm. Wie man hört, forderte er Ivo Gönner auf, endlich etwas zur Unterstützung des Kandidaten Kröger beizutragen.
Am Donnerstag morgen entdeckte dann ein Hausmeister an der Fassade des Neu-Ulmer Rathauses politische Parolen. Diese (siehe unser Foto) legen nahe, dass sie von einem Unterstützer Krögers auf die Rathausfront aufgemalt worden sind. Ivo Gönner distanzierte sich in einer öffentlichen Erklärung (siehe unser Foto) von den Schmierereien.
Wie Edwin Ruschitzka von der Südwestpresse Ulm herausgefunden haben will, handelt es sich bei dem Kandidaten Dr. Detlef Kröger in Wahrheit um den stellungslosen Schauspieler Clemens Schmied. Er wurde von den Grünen und der SPD verpflichtet, im Neu-Ulmer OB-Wahlkampf in die Rolle eines Kandidaten zu schlüpfen.
Da die Vorbereitungszeit für Schmied knapp bemessen war, konnte er nicht mehr optimal auf seine Aufgabe vorbereitet werden.Zwei Kompaktkurse in Neu-Ulmer Kommunalpolitik – einer davon bei der Friedrich-Ebert-Stiftung, der andere bei der Heinrich-Böll-Stiftung – verfehlten das Ziel, Detlef Kröger alias Clemens Schmied hinreichende Kenntnisse über den Stand der politischen Diskussion in Neu-Ulm zu vermitteln.
Das macht aber nichts. Denn bekanntlich sind dem Wähler andere Faktoren oft wichtiger. Deshalb bezeichnete sich Herr Detlef Kröger als leidenschaftlichen Hobbykoch und Kinogänger. Allerdings war ihm auf einer öffentlichen Veranstaltung leider kurzzeitig entfallen, welches Gericht er denn am liebsten kocht und welchen Film er zuletzt im Kino gesehen hat. Auch das soll, wenn wir moderner Wahlforschung Glauben schenken, nicht schlimm sein: dem irrenden und unsicheren Kandidaten gehört das Herz des Wählers.