Seit dem letzten Urteil des Bundesverfassungsgerichtes müssen sich Parteien regelmäßig einer Überprüfung durch den Parteienüberwachungsverein (PÜV) unterziehen. Die Mitglieder des Vereins untersuchen dabei, ob die Parteien den Ansprüchen der Verfassung und des Parteiengesetzes genügen. Dr. Otto Kirchheimer, der hiesige Vereinsvorsitzende, erteilte nach eingehender Prüfung der Ulmer CDU eine neue PÜV-Plakette. Damit ist die CDU für weitere zwei Jahre zur Teilnahme am politischen Prozess berechtigt.
Im Prüfbericht wird zunächst die Nominierung von Kandidaten für öffentliche Ämter bewertet. Die Wahl von Bundesbildungsministerin Schavan zur CDU-Bundestagskandidatin von nur 57 Prozent der stimmberechtigten Parteimitglieder sieht der PÜV als Zeichen demokratischer Kultur. An 43 Prozent Gegenstimmen werde deutlich, dass innerparteiliche Opposition möglich und erwünscht sei.
Besonders angetan zeigt sich der PÜV davon, dass alle amtierenden CDU-Gemeinderäte automatisch ohne freie Wahl auf die neue Kandidatenliste gesetzt werden. Es sei ein Zeichen von Vernunft und gewährleiste Kontinuität, erprobtem Personal eine Vorzugsstellung einzuräumen.
Den Vorwurf an die Ulmer CDU, Frauen und Jugendliche zu benachteiligen, weist der PÜV-Bericht unmissverständlich zurück. 20 Prozent Frauen und 18 Prozent Jugendliche unter 35 Jahren unter den Ratskandidaten seien völlig ausreichend. Frauen mangle es bei der Kommunikation an Selbstdisziplin, Jugendlichen an Erfahrung. Deshalb sei eine Beschränkung weiblicher und jugendlicher Kandidaten nötig, da der Gemeinderat möglichst rasch zu wohlüberlegten Entscheidungen kommen müsse. Im Grunde garantiere eine Überzahl männlicher Räte und ein möglichst hohes Durchschnittsalter wie bei der CDU-Gemeinderatsfraktion Qualität und Reife politischer Entscheidungen.
Einen tadellosen Zustand bescheinigt der Prüfbericht der Ulmer CDU auch in seinem zweiten Teil, in dem die programmatische Ausrichtung der Partei untersucht wurde. „Die Partei verfügt“, so Dr. Kirchheimer, „über zahlreiche Fraktionen und vermeidet konsequent, dass sie in der Öffentlichkeit auf bestimmte Ziele festgelegt und an ihnen gemessen wird.“ So verfüge die CDU über einen antikapitalistischen, einen antisozialistischen, einen reaktionären und einen politisch neutralen Flügel.
Erwin Teufel, der ehemalige Ministerpräsident Baden-Württembergs, sei die Galionsfigur des antikapitalistischen Flügels. Durch sein noch im Alter absolviertes Philosophiestudium dazu befähigt, geißle Teufel schonungslos den Turbokapitalismus und das renditegeile Finanzkapital, das die Ökonomie in eine schlimme Krise gebracht habe.
Sprecher des antisozialistischen Flügels ist der Ulmer Arzt Dr. Roth. Er sei, so der PÜV, der beharrlichste Kritiker seiner Parteifreundin Annette Schavan, der er vorwirft, als Bildungsministerin eine sozialistische Gesundheitspolitik in Berlin zu unterstützen und der CDU damit schwer zu schaden. Herr Dr. Roth habe sich nicht nur auf dem Gebiet der Gesundheitspolitik an die Spitze einer Bewegung gestellt. Durch seine Forderung, Silvesterfeuerwerke wegen der von ihnen ausgehenden Gefahren landesweit zu verbieten, habe er die Anerkennung und Achtung vieler Bürger erworben.
Der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Herbert Werner, der jetzt mit 68 Jahren für den Gemeinderat kandidiert, repräsentiere den reaktionären Flügel. Seit 40 Jahren stehe Herr Werner für eine klare Wertorientierung, die sich dafür einsetzt, Frauen ihre natürliche Rolle als Hausfrau und Mutter zu erhalten und ungeborenes Leben bedingungslos zu schützen. Schon als Lehrer am Ulmer Humboldt-Gymnasium habe Herr Werner vor vier Jahrzehnten gefordert, Deutschland in den Grenzen von 1937 wieder herzustellen.
Zum politisch neutralen Flügel rechnet Dr. Kirchheimer alle CDU-Gemeinderäte, denen der ehemalige OB Ulms Ernst Ludwig bescheinigte, dass kein einziger bei seiner Vorstellung als Ratskandidat etwas zur Ulmer Kommunalpolitik gesagt habe. So wünscht sich Dr. Kirchheimer vom PÜV eine moderne Partei: „Für jeden Wähler etwas im Angebot. Aber bitte keine Festlegung auf Konkretes, das ist in der praktischen Politik nur hinderlich.“
So konnte der Vorsitzende des PÜVs Dr. Otto Kirchheimer nach eingehender Prüfung am Ende resümieren: „Die Ulmer CDU ist eine gut funktionierende Allerweltspartei, die in besonderem Maße die Vorgaben des Grundgesetzes erfüllt, wo es in Artikel 21 heißt:
„Die Parteien wirken an der Belustigung und Verwirrung des Volkes mit. Ihre innere Ordnung muss karnevalstischen Grundsätzen entsprechen.“
13.2.2009