Post aus Brüssel

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Gönner, mein lieber Freund Ivo,

hier in Brüssel fühle ich mich richtig wohl! Als Energiekommissar muss ich erst morgens um 11 Uhr 30 im Kommissariat sein und schon um 13 Uhr geht s mit einem Kollegen oder einer Kollegin zum Mittagsessen. In dem 7-Sterne-Lokal, das ich alltags bevorzuge, steht seit neuestem ein Meisterkoch in der Küche, der vor allem für die Zubereitung schwäbischer Speisen in der ganzen Welt höchstes Ansehen genießt. Sie müssten mal seine schwäbischen Maultaschen oder seinen Kässpätzle (mit Ackersalat!) probieren – ein Gedicht!

Auch die Verständigung mit meinen Untergebenen läuft problemlos, sie haben nach meiner Nominierung zum Kommissar Deutsch gelernt und verstehen bereits sehr viel. Nachmittags verschaffe ich mir meist einen Überblick über die Geschenke, die ich an diesem Morgen von der europäischen Energiewirtschaft erhalten habe. Sie glauben ja gar nicht, lieber Herr Oberbürgermeister, wie zuvorkommend ich behandelt werde. Allein in den letzten zwei Wochen wurden uns von mehreren Energiekonzernen so viele Reisen geschenkt, dass wir für Jahre im Voraus eingedeckt sind. Aber Sie wissen ja, dass ich gar nicht so gerne reise. Auslandsaufenthalte sind mir im allgemeinen wegen des unverträglichen Essens und der nicht bekömmlichen Getränke kein allzu großes Vergnügen.

Auch mein Sprachtraining macht Fortschritte. Die fünf äußerst hübschen Sprachlehrerinnen, die sich um die Verbesserung meiner Englischkenntnisse kümmern, scheuen keine Mühen und sind zu allem bereit, wenn auf diese Weise Lernfortschritte erzielt werden können. Monique hat mir sogar eine Liste wichtiger deutscher Redewendungen mit der passenden Übersetzung ins Englische zusammengestellt (siehe unten).

Mein lieber Ivo Gönner, ich kann Ihnen nur raten, ernsthaft in Erwägung zu ziehen, auch hierher nach Brüssel zu kommen, wenn Sie Ihren Job als Bürgermeister in fünf Jahren in Ulm erledigt haben werden. Hier sind Sie ein freier Mensch und werden nicht von jedem x-beliebigen Federfuchser dauernd danach gefragt, warum Sie dies getan, jenes unterlassen und wofür wie viel ausgegeben haben. Machen Sie sich keine Sorgen, weil Sie kein Englisch können, lieber Ivo Gönner. Sie brauchen weder übertrieben große Sachkenntnisse noch Sprachkenntnisse; gefragt ist der Generalist mit natürlichem Charisma!

Damit Sie sich einen Überblick verschaffen können, sende ich Ihnen, lieber Herr Oberbürgermeister, im Anhang eine Liste wichtiger Redewendungen, die in meinem Kommissariat gebräuchlich sind. Sie werden sehen: die meisten sind auch Ihnen bestens vertraut und ihre englische Übersetzung ist kinderleicht. Für heute schließe ich mit den besten Wünschen an die Frau Gemahlin.

Ihr
Günther Oettinger

In Brüssel gebräuchliche deutsche Redewendungen

*I understand just train-station* – ich versteh nur bahnhof

*sorry, my english is under all pig* – entschuldige, mein englisch ist unter aller sau

*I think I spider* – ich glaub ich spinne

*the devil will i do* – den teufel werd ich tun

*my lovely mister singing club* – mein lieber herr gesangsverein

*come on…jump over your shadow* – komm schon…spring über deinen schatten

*you walk me animally on the cookie* – du gehts mir tierisch auf den keks

*there my hairs stand up to the mountain* – da stehen mir die haare zu berge

*tell me nothing from the horse* – erzähl mir keinen vom pferd

*it’s not good cherry-eating with you*- es ist nicht gut kirschen essen mit dir

*now it goes around the sausage*- jetzt geht’s um die wurst

*there you on the woodway*- da bist du auf dem holzweg

*I hold it in head not out* – ich halt’s im kopf nicht aus

*I see black for you* – ich seh schwarz für dich

*your are so a fear-rabbit* – du bist so ein angsthase

*are you save?* – bist du sicher?

*give not so on* – gib nicht so an

*heaven, ass and thread!* – Himmel, Arsch und Zwirn!

*Human Meier* – Mensch Meier

*you have not more all cups in the board* – du hast nicht mehr alle tassen im schrank

*she had a circleroundbreakdown* – sie hatte einen kreislaufzusammenbruch

*I know me here out* – ich kenn mich hier aus

*I fall from all clouds* – ich fiel aus allen Wolken

*no one can reach me the water* – niemand kann mir das wasser reichen

*not the yellow of the egg* – nicht das gelbe vom ei

*everything in the green area* – alles im grünen bereich

*I die for Blackforrestcherrycake* – Ich sterbe für Schwarzwälderkirschtorte

*it walks me icecold the back down* – es läuft mir eiskalt den rücken runter

*I’m foxdevilswild* – ich bin fuchsteufelswild

*now you look but silly out of the clothes* – Jetzt schaust Du aber dumm aus der Wäsche

16.3.10

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Oettinger spricht Englisch

 

Englisch wird die Arbeitssprache des zukünftigen EU-Kommissars Guenther Oettinger. Deshalb übte er bereits bei einem offiziellen Anlass.

Ob sich das Ergebnis sehen lassen kann, beurteilen Sie besser selbst, verehrte Leser.

Am 27.1.2010 gab Guenther Oettinger im Stuttgarter Landtag eine Pressekonferenz. Wie ein lokaler Fernsehsender herausfand, hat der Ministerpräsident mit seiner missglückten Rede keine Probleme. Die “mediale Bedeutung” entspreche nicht der “objektiven Bedeutung” meinte der baden-württembergische Ministerpräsident. Wenn er in Brüssel sei, so Oettinger, habe er vor, “die Fachbegriffe vertieft zu lernen und wahrzunehmen”.

So allmählich haben wir den Verdacht, dass durch Günther Oettinger der Geist Heinrich Lübkes fortlebt.

27.1.2010

Englischkenntnisse

Das Ulmer Rathaus ist verwaist. Der Oberbürgermeister musste zurück auf die Schulbank. Englischkenntnisse sind jetzt auch bei Kommunalpolitikern unerlässliche Voraussetzung für die Ausübung der Dienstpflichten.

Ein Oberbürgermeister lernt Englisch

Jedesmal, wenn unser Oberbürgermeister Besuch aus dem Ausland bekommt, bangt unser Stammtisch vom virtuellen Gasthaus. Jedesmal beten wir darum, dass der ausländische Besucher der deutschen Sprache mächtig ist. Wir können es einfach nicht ertragen, OB Gönner in solchen Nöten zu sehen. Klar, es gibt Dolmetscher, die für eine reibungslose Verständigung zwischen dem Stadtoberhaupt und seinem englisch sprechenden Gast sorgen. Aber, was denkt der Gast wohl, wenn er in eine Stadt kommt, dessen ranghöchster Bürger die englische Sprache nicht spricht? Möglicherweise hält er Ulm dann für eine unbedeutende Provinzstadt. Der Gedanke ist unerträglich.
Erst kürzlich stattete Erzbischof John Clayton Nienstedt von Saint-Paul und Minneapolis (USA) Ulm einen Besuch ab. Beim Empfang im Rathaus tat der Oberbürgermeister, was er in solchen Fällen meist tut. Mit einem Scherz, der immer wieder gut aufgenommen wird, sorgte er für Heiterkeit. Der Erzbischof könne mit ihm auf lateinisch parlieren, sagte Gönner, das beherrsche er ganz tadellos. Doch das wolle vielleicht der Gast nicht, weil er dann glaube, im Vatikan zu sein. Das rettete die etwas peinliche Situation. Als Schüler habe ich auch immer versucht, im Englisch- oder Französischunterricht durch Scherze meine Kenntnislücken zu überspielen. Meine Lehrer hatten dafür weniger Verständnis als der Erzbischof.
Doch nun soll alles anders werden. Einem Berater vertraute der Oberbürgermeister an, dass er es leid sei, in einer Zeit, in der von jeder Putzhilfe und jedem Kaminfegerazubi Kenntnisse in mindestens drei Fremdsprachen verlangt werden (bevorzugt Englisch, Spanisch und Russisch), als Altphilologe zur Sprachlosigkeit verdammt zu sein. Da er vorhabe, noch mindestens 16 Jahre an der Spitze der Stadt zu stehen, durch die Kontakte zu Donauländern mehr und mehr die Blicke der Weltöffentlichkeit auf Ulm gelenkt würden und immer mehr ranghohe Gäste aus östlichen Nachbarländern nach Ulm kämen, müsse er nun Englisch lernen.
Bravo! Bravo! Da können wir vom Stammtisch nur applaudieren. Wir freuen uns schon darauf, wenn OB Gönner seine erste Begrüßungsrede auf dem Internationalen Donaufest in englischer Sprache halten wird oder bei einer Einladung nach Ungarn, Rumänien oder Serbien durch eine geschliffene Ansprache auf Englisch brilliert. Vom ehemaligen Bundeskanzler Schmidt wissen wir, wie beeindruckend es ist, wenn ein Politiker auf internationalem Parkett aufzutreten versteht. Da ist sofort jedem klar: Hier steht ein Weltbürger, kein kulturimperialistischer Provinzheini!
Wie wir hörten, beabsichtigt der Oberbürgermeister in der Sommerpause einen Kurs an der Volkshochschule Ulm zu belegen. Wir meinen, dass es besondere Anerkennung und Unterstützung verdient, wenn ein Berufstätiger im Alter von 56 Jahren noch einen solchen Fortbildungswillen zeigt. Vielleicht könnten die Ulmer Gymnasien in den Sommerferien ein paar Sprachlehrer damit beauftragen, dem Stadtoberhaupt etwas Privatunterricht zu erteilen. Da dieser auch kostenneutral erfolgen würde, hätten die Schulen damit allen Bürgern Ulms einen großen Dienst erwiesen.

17.7.08