In Donaustauf bei Regensburg steht die berühmteste Ruhmeshalle Deutschlands, die Walhalla. Der bayerische König Ludwig I. ließ sie errichten. Seit ihrer Eröffnung 1842 wurden dort – mehr oder weniger – „bedeutende Persönlichkeiten teutscher Zunge“ durch Büsten oder Gedenktafeln geehrt.
Am 28. Juli 2010 wurde die Sammlung um eine Marmorbüste erweitert. Sie stammt vom Düsseldorfer Bildhauer Bert Gerresheim und zeigt – im Gegensatz zu den benachbarten Steinköpfen – keinen idealisierten Menschen, sondern den alten, kranken, gebrechlichen Heinrich Heine.
Heine (1797-1856) war ein spitzzüngiger, ironischer und politischer Dichter. Einer der besten, die Deutschland je hervorgebracht hat. Seine politischen Ansichten und seine wirkungsvollen Verse führten zu heftigen Anfeindungen. 1831 kehrte er Deutschland den Rücken und ging nach Paris ins Exil, wo der bekennende Anhänger der Ideale der Aufklärung und der französischen Revolution bis zu seinem Tod lebte.
Heine hatte für die Walhalla nur Spott übrig, „marmorne Schädelstätte“ nannte er sie. Jetzt steht er selbst dort. Der Ministerpräsident Bayerns Horst Seehofer analysierte in seiner Rede anlässlich der Enthüllung der Büste: „Heinrich Heine ist ein Phänomen, das als Ganzes genommen werden muss“.
Heine hätte sich über die Worte des Ministerpräsidenten und über die Ehrung köstlich amüsiert.
Heinrich Heine, Die schlesischen Weber
Im düstern Auge keine Träne,
Sie sitzen am Webstuhl und fletschen die Zähne:
Deutschland, wir weben Dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch –
Wir weben, wir weben!
Ein Fluch dem Gotte, zu dem wir gebeten
In Winterskälte und Hungersnöten;
Wir haben vergebens gehofft und geharrt,
Er hat uns geäfft und gefoppt und genarrt –
Wir weben, wir weben!
Ein Fluch dem König, dem König der Reichen,
Den unser Elend nicht konnte erweichen,
Der den letzten Groschen von uns erpresst,
Und uns wie Hunde erschießen lässt –
Wir weben, wir weben!
Ein Fluch dem falschen Vaterlande,
Wo nur gedeihen Schmach und Schande,
Wo jede Blume früh geknickt,
Wo Fäulnis und Moder den Wurm erquickt –
Wir weben, wir weben!
Das Schiffchen fliegt, der Webstuhl kracht,
Wir weben emsig Tag und Nacht –
Altdeutschland, wir weben Dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch,
Wir weben, wir weben!
Unter dem Titel „Die armen Weber“ wurde das Gedicht 1844 im „Vorwärts!“ erstmals veröffentlicht und als Flugblatt in den Aufstandsgebieten verteilt.
4.8.2010