Komiker ohne Publikum

Wenn 2015 Ivo Gönners dritte Amtszeit in Ulm endet, liegen 24 Jahre als Stadtoberhaupt hinter dem gebürtigen Laupheimer, Nach eigenem Bekunden strebte Gönner vor allem aus zwei Gründen ins Amt des Oberbürgermeisters: er folgte dem Wunsch der Mutter und dem Vorbild des Großvaters Franz Konrad, der vor 90 Jahren Bürgermeister von Laupheim und ab 1934 OB von Schwäbisch Gmünd gewesen ist.

Bei unparteiischer und nüchterner Betrachtung fällt das Urteil über Gönners kommunalpolitisches Wirken nicht gut aus. Ulm wird Jahre nach Gönners Abschied in den Ruhestand noch einige Rechnungen serviert bekommen, an die heute keiner denkt. Warum aber konnte sich ein erfolgloser Kommunalpolitiker so lange an der Macht halten? Das hat mehrere Gründe.

Gönner hat seine positiven Seiten. Er ist umgänglich, patent, jovial, tolerant, letzteres aber nur in gewisser Hinsicht, im Gegensatz zu zwei seiner Vorgänger nicht arrogant und immer zu einem Späßchen aufgelegt, ein humorvoller Zeitgenosse, der in jeder Situation einen passenden Scherz, eine flapsige Bemerkung oder einen guten Witz parat hat.

Veröffentlicht die Lokalzeitung ein Foto des Oberbürgermeisters bei einer Ausstellungseröffnung, dem Besuch eines Unternehmens, dem Jubiläum eines Vereins sieht man Herrn Gönner meist mit verschmitztem Lächeln, die Umstehenden mit einem Lachen im Gesicht; wieder einmal hat er es geschafft, ausgelassene Heiterkeit zu verbreiten.

Diese Eigenschaft macht Herrn Gönner bei vielen Ulmern beliebt und lässt seine Erfolglosigkeit vergessen. Wenn man so will, sind Gönners Sinn für Humor und Witz die Grundlage seiner Macht.

Neuerdings gibt es beängstigende Anzeichen, dass Gönners Potenz als Ulmer Chefkomiker im Schwinden begriffen ist. Bei einem Gespräch mit Bürgern in Mähringen ging die „Ein-Mann-Show“ mit „slapstickartig(en)“ Versuchen, die Atmosphäre aufzulockern (Lokalzeitung vom 18.10.2014), voll in die Hose. Stirnrunzelnd saßen die Bürger vor ihrem Possen reißenden OB, kein Lächeln vermochte der Spaßvogel Gönner ihnen zu entlocken.

Ist das der Anfang vom Ende?

Wir vom DF finden, dass es Ivo Gönner erspart bleiben sollte, am Ende seiner 24jährigen Amtszeit als verbitterter Komiker zu enden. Eisiges Schweigen oder verständnisloses Glotzen des Publikums hat unser OB nicht verdient.

Deshalb schlagen wir Folgendes vor:

Alle städtischen Mitarbeiter sowie Mitglieder des Ulmer Gemeinderates werden diskret angewiesen, jede in humorvoller Absicht geäußerte Bemerkung des OB Gönner mit einem herzhaften Lachen zu beantworten.

Zu allen Bürgerversammlungen werden zukünftig Gemeinderäte und Verwaltungsangestellte entsandt, die durch ihre Reaktionen den anwesenden Bürgern signalisieren, dass OB Gönner einen Scherz gemacht hat und dieser dementsprechend honoriert zu werden verdient.

Die Anzahl der Besuche des Oberbürgermeisters in Seniorenstiften werden erhöht. Die hier lebenden Menschen stellen aufgrund ihrer Wohlerzogenheit und Vergesslichkeit ein Publikum dar, das einen ganz besonderen Beitrag zur Stärkung des Selbstwertgefühls unseres Oberbürgermeisters zu leisten vermag. Hier ist der Ort, wo selbst Witze mit einem langen Bart immer wieder mit großem Erfolg erzählt werden können.

Auch alle 28.457 Ulmer, die bei der letzten OB-Wahl 2007 Ivo Gönner gewählt haben, und alle 54.645, die ihn nicht gewählt haben, fordert der Stammtisch vom DF auf:

Unterstützen Sie unseren OB, dass er den Glauben an seine humoristische Kraft nicht verliert, vielleicht durch eine Einladungen an Herrn Gönner in Ihr Viertel, verbunden mit der Bitte, dort durch seine außergewöhnlich humoristische Ader zu Frohsinn und Hochstimmung der Bevölkerung beizutragen. Dem Einfallsreichtum sind keine Grenzen gesetzt!

Es wäre mit Sicherheit nicht gut, wenn ein frustrierter Zyniker auf dem Chefsessel im Rathaus säße. Eine heikle Situation erfordert besondere Maßnahmen. Mit unseren Vorschlägen hoffen wir, zum Wohl der Stadt Ulm beigetragen zu haben.

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Besuche des Oberbürgermeisters

Ulms OB Ivo Gönner ist eines der fürsorglichsten Stadtoberhäupter Deutschlands. Fast täglich beehrt er Mitbürger aus besonderem Anlass. Ob 100. Geburtstag, eiserne Hochzeit oder die Geburt des 10. Kindes – unser Oberbürgermeister kommt zu Besuch, erfreut die Wähler und wirkt mit dieser kleinen Geste politisch: das Zusammengehörigkeitsgefühl der Ulmer wird gefestigt, die Menschen in der Stadt werden Teil einer großen Familie.

Nun hat sich Ivo Gönner etwas Neues ausgedacht, das es so bislang an keinem Ort Deutschlands gibt: der Oberbürgermeister besucht verstorbene Mitbürger, um ihnen eine letzte Ehre zu erweisen und den Angehörigen etwas Trost zu spenden.

Auf unserem Foto sehen Sie, verehrte Leser, Oberbürgermeister Gönner während seines Besuches bei Alois Hilmar Bunk. Nach amtsärztlichen Angaben wurde der Verstorbene vergangenen Donnerstag tot und bereits mumifiziert in seiner Wohnung in der Ulmer Weststadt aufgefunden.

OB-Besuche