Ergebnisse der Volksabstimmung
Die Mehrzahl der Bürger stimmte am 27.November 2011 mit 58,8 Prozent (das waren 2,16 Millionen Nein-Stimmen) dagegen, dass ihr Bundesland Baden-Württemberg aus der Finanzierung des Projektes Stuttgart 21 aussteigt.
41,2 Prozent ( oder 1,51 Millionen Ja-Stimmen) verlangten den Ausstieg. Damit steht fest, der umstrittene Tiefbahnhof in Stuttgart verfügt über eine klare Legitimation, Stuttgart 21 wird gebaut werden.
An der zweiten Abstimmung seit Bestehen des Bundeslandes (die erste war 1971) beteiligten sich von 7,6 Millionen Abstimmungsberechtigten 3,7 Millionen, das entspricht einer Beteiligung von 48,3 Prozent, was nach Meinung vieler als hoch anzusehen ist.
In Ulm lag die Beteiligung an der Abstimmung mit 52,1 Prozent höher als im Landesdurchschnitt. 69,1 Prozent der Ulmer (29.062) sagten Nein zum Ausstieg, 30,9 Prozent (12.971) sagten Ja. Klare Verhältnisse. Daran gibt es nichts zu deuten.
Auffallend am Abstimmungsverhalten ist, dass in vielen Städten Badens (Mannheim, Heidelberg, Karlsruhe, Freiburg, Emmendingen, Lörrach) Mehrheiten für einen Ausstieg aus S 21 waren, allerdings bei z.T. geringen Wahlbeteiligungen (z.B. 33 Prozent in Mannheim). Auch die Landeshauptstadt Stuttgart überraschte: Bei hoher Beteiligung (mit 68 Prozent die höchste im Land) stimmten 52,9 Prozent gegen einen Ausstieg aus dem Tiefbahnhofprojekt.
Quorum muss geändert werden
Eine Frage, die vor der Abstimmung heftig diskutiert wurde, war: Was wird, wenn zwar die Mehrheit für einen Ausstieg aus Stuttgart 21 stimmt und dabei das von der Landesverfassung verlangte Quorum von 33,3 Prozent (von 7,6 Millionen, also 2,54 Millionen) verfehlt wird?
Dieses Quorum hätte nämlich zu der rechtlich eindeutigen, politisch aber höchst konfliktträchtigen Situation führen können, dass zwar eine klare Mehrheit gegen Stuttgart 21 gestimmt hätte, aber eben nicht das verlangte Drittel. Rechtlich wäre dann die Voraussetzung zum Weiterbau des Tiefbahnhofes erfüllt gewesen, politisch hätte dies vermutlich dazu geführt, dass die Wut der Bürger in Stuttgart noch größer geworden wäre. Die von einem Volksentscheid erwartete Befriedung wäre ausgeblieben.
Soweit kam es nicht. Die Befürworter von Stuttgart 21 siegten haushoch; dadurch ist auch die problematische Bestimmung des Quorums irrelevant geworden. Für zukünftige Abstimmungen sollte dieses Quorum in der Landesverfassung jedoch herabgesetzt werden, um den Bürgern eine reale Möglichkeit zu geben, stärker auf politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen.
Finanzierungsprobleme bei Stuttgart 21 geklärt?
Der Finanzierungsvertrag von 2009 zum Großprojekt Stuttgart 21 legt fest, wie hoch der finanzielle Anteil der einzelnen Projektbeteiligten ist und wie hoch die Gesamtkosten sein werden, nämlich 4,5 Milliarden Euro. Sollte diese Summe nicht ausreichen, sieht der Vertrag vor, dass die Verteilung der Mehrkosten im Gespräch zwischen DB, Bund, Baden-Württemberg und Stadt Stuttgart geklärt wird.
Bereits heute – einen Tag nach der Abstimmung – zeichnet sich ab, dass das Land Baden-Württemberg unter der Führung des grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann nicht bereit sein wird, mehr zu bezahlen als im Vertrag vorgesehen.
Wir sehen: Auch wenn jetzt gebaut werden kann – der Konflikt um Stuttgart 21 ist nicht zu Ende.
28.11.2011